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Update

Wahlkampf in den USA: Romney wird Präsidentschaftskandidat der Republikaner

„I won them all“: Nach seinem Sieg in drei Vorwahlen ist Mitt Romney die Nominierung zum Herausforderer des Amtsinhabers Barack Obama nicht mehr zu nehmen, analysiert unser USA-Korrespondent.

Ab einem gewissen Zeitpunkt lassen sich die Gesetze der Mathematik selbst mit viel Pathos nicht mehr aushebeln. An solch einem Punkt ist der Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner angelangt. Mitt Romney hat alle drei Vorwahlen in der Nacht zu Mittwoch gewonnen: in der Hauptstadt Washington DC, in Maryland und in Wisconsin. Ihm ist die Nominierung zum Herausforderer des Amtsinhabers Barack Obama nicht mehr zu nehmen. Nach gut der Hälfte der Vorwahlen hat er sich mehr als die Hälfte der 1144 Delegiertenstimmen gesichert, die er beim Parteitag Ende August benötigt. Er hat nun deutlich über 600 Delegierte. Der Nächstplatzierte Rick Santorum kommt nicht einmal auf halb so viele.

So trat ein überglücklicher und selbstsicherer Romney bei der Siegesfeier in Milwaukee ans Mikrofon. Er machte Scherze darüber, dass ihn ausnahmsweise nicht seine Frau Ann vorstellte, sondern der Abgeordnete Paul Ryan. Der werde Anns Platz an seiner Seite freilich nicht auf Dauer einnehmen.

An diesem Abend aber passte ihm Ryan gut ins Konzept. Der 42-Jährige ist gleichermaßen ein Lokalmatador in Wisconsin und ein nationaler Jungstar. Sein Name steht für die Sparpläne („Ryan-Budget“), mit denen die Republikaner die Staatsfinanzen sanieren wollen. Er genießt zudem große Sympathien in Tea-Party-Kreisen, die Romney weiter mit Distanz betrachten. Manche handeln Ryan bereits als Romneys Vizepräsidentschaftskandidaten.

Für eine Rede, die eigentlich den Entscheidungsmoment der Kandidatenkür markieren sollte, sprach Romney zu wenig staatsmännisch und flüchtete sich wieder einmal in unnötig scharfe Polemik gegen Obama. Der Präsident glaube wohl wirklich, dass er gute Arbeit leiste, spottete er. Das zeige freilich nur, dass er zu viel an Bord seines Flugzeugs „Airforce One“ verbringe und den Kontakt zur Wirklichkeit verloren habe. Obamas historische Leistung bestehe allein darin, dass Amerika unter ihm mehr Arbeitsplätze verloren habe als je zuvor seit der Großen Depression.

Den auf diesen Vorwahltag gemünzten machtpolitischen Kernsatz der Rede jedoch verwandelte Romney so kurz, knapp und kaltblütig wie ein nervenfreier Schütze den Elfmeter. Oder ein Manager, der an die absolute Überzeugungskraft von Zahlen glaubt: „I won them all!“

Wer will seinen Griff nach der Kandidatur nach dem jüngsten 3:0-Erfolg noch stoppen? Und wie soll das vor sich gehen?

Rick Santorum blieb angesichts der schieren Macht der Zahlen nicht viel mehr als Durchhalteparolen. „Es ist erst Halbzeit“, versicherte er. Niemand dürfe das Rennen für beendet erklären, wenn erst die Hälfte der Wähler um ihre Meinung gefragt worden sei. Das wirkte ein wenig lahm. Jeder Interessierte kann die Delegiertenstatistik lesen und zudem seine Schlüsse aus dem Verlauf der bisherigen Vorwahlen für die noch ausstehenden Abstimmungen ziehen. Wenn Santorum in der ersten Halbzeit nicht einmal halb so erfolgreich war wie Romney, was spricht dann dafür, dass er das Blatt in der zweiten Halbzeit wenden kann?

Santorum setzt auf historisches Pathos

Die politische Geografie verschärft Santorums Dilemma. In den meisten noch ausstehenden Staaten sind Romney-Siege hoch wahrscheinlich, und das gilt ganz besonders für so delegiertenreiche Staaten wie New York und Kalifornien. Er ist zudem besser organisiert und hat ungleich mehr Geld für die teure Fernsehwerbung.

Folglich setzte Santorum auf historisches Pathos. Auch während des Unabhängigkeitskriegs gegen Großbritannien habe es Phasen gegeben, wo kaum noch jemand an den Sieg der Kolonisten glauben wollte. Doch dann setzte General Washington im Winter 1776 mit seinen Truppen über den Delaware, überraschte den Feind und entschied das Schicksal der amerikanischen Revolution.

Auch an Ronald Reagan hätten 1976 zu wenige glauben wollen, weil er zu konservativ erschien, bog sich Santorum eine weitere angebliche Parallele für seine Zwecke zurecht. Die Republikaner stellten statt Reagan einen Moderaten auf - und verloren prompt die Präsidentschaftswahl gegen den Demokraten Jimmy Carter. Erst als sie 1980 ihren Fehler korrigierten und Reagan nominierten, eroberten sie das Weiße Haus.

(Tatsächlich trat 1976 der amtierende Präsident Gerald Ford für die Republikaner an. Er war nach Nixons Rücktritt, der damit einem Amtsenthebungsverfahren wegen seiner Verwicklung in den Watergate-Skandal zuvorkam, ins Weiße Haus eingezogen. Ford verlor gegen Carter, weil die Erinnerung an Watergate noch lebendig war und auf den Konservativen lastete. Und weil die Auseinandersetzung mit dem innerparteilichen Herausforderer Reagan ihn zusätzlich beschädigte.)

So wie General Washington 1776 und Ronald Reagan 1980 könne er die Republikaner zum Sieg führen, versprach Santorum. Mit einem Moderaten an der Spitze – gemeint war Romney – werde die Partei gegen Obama unterliegen.

Bei der nächsten Vorwahl am 24. April werde er seinen Heimatstaat Pennsylvania gewinnen. „Dann sieht das Schlachtfeld anders aus.“ Und mit einem weiteren Sieg Ende Mai in Texas könne er das Blatt vollends wenden.

Santorum unterschlug: Am 24. April stimmt nicht nur Pennsylvania ab, wo sein Sieg zudem keineswegs sicher ist. Sondern parallel wählen Connecticut, Delaware, New York und Rhode Island – nach den Umfragen wird Romney in allen vieren gewinnen.

Das Rennen ist gelaufen. Mitt Romney wird der Kandidat der Republikaner. Gewiss, rein rechnerisch gibt es noch die theoretische Möglichkeit, dass Santorum den Großteil der verbleibenden Vorwahl hoch gewinnt und so Romney bei der Zahl der Delegierten überholt. In der politischen Praxis Amerikas ist das jedoch so gut wie unmöglich. Romney hat einen uneinholbaren Vorsprung erzielt. Es wird freilich noch ein paar Wochen dauern, bis Santorum das öffentlich eingesteht und anerkennt, dass er mit noch so viel Pathos die Mathematik nicht besiegen kann.

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