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Fanveranstaltung. Trump-Anhänger werben für den Kandidaten der Republikaner. Der gibt sich kämpferisch, Beobachter sehen aber Anzeichen für Resignation.

© Mark Ralston/AFP

Wahlkampf in den USA: Trumps Sofort-Programm gegen eine drohende Niederlage

Bei einem Wahlsieg will Donald Trump in den ersten 100Tagen vieles in den USA verändern. Doch die Sachthemen-Offensive widerspricht dem Temperament des Republikaners. Eine Analyse.

Mit einem Sofortprogramm für die ersten 100 Tage seiner Präsidentschaft will Donald Trump versuchen, gut zwei Wochen vor der Wahl in den USA das Steuer noch herumzureißen. Er kündigte unter anderem Widerstand gegen die bisher größte Übernahme in der amerikanischen Medienwelt an: Der Telekommunikationskonzern AT&T will das Medienhaus Time Warner für 85,4 Milliarden Dollar kaufen. Doch eine nüchterne Sachthemen-Offensive widerspricht dem Temperament des populistischen Unternehmers. Er bekräftigte den Vorwurf, die amerikanischen Eliten hätten eine Verschwörung gegen ihn angezettelt. Einige Beobachter sehen mittlerweile Anzeichen der Resignation bei dem 70-jährigen.

Keine Beiträge mehr für UN-Klimaschutz

Trumps Hundert-Tage-Programm soll den Vorwurf entkräften, dem Milliardär fehle es an politischer Substanz. In einer Rede in Gettysburg, dem Ort einer der berühmtesten Ansprachen von Abraham Lincoln, rief er die Amerikaner zu „großen Träumen“ auf. In Trumps Sofortprogramm finden sich viele altbekannte Position wie die Ankündigung, mehrere Millionen illegale Zuwanderer aus dem Land zu werfen. Er fordert eine Beschneidung des Einflusses von Lobbyisten in Washington und will die Beiträge der USA für die UN-Klimaschutzpolitik stoppen.

Trump kündigte auch erneut an, bei einem Wahlsieg das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta neu zu verhandeln und aus der beschlossenen, aber noch nicht ratifizierten pazifischen Freihandelszone TPP auszusteigen. Trotz der Bemühungen des Trump-Wahlkampfteams, die Rede als Beginn einer neuen, sachorientierten Phase im Kampf um das Weiße Haus zu präsentieren, ging der Kandidat wieder hart mit den Frauen ins Gericht, die ihm vorwerfen, sie gegen ihren Willen angefasst oder geküsst zu haben. Alle diese Frauen würden nach der Wahl am 8. November verklagt, sagte er.

Laut Medienberichten stellt sich die Frage, ob der Unternehmer die Disziplin hat, bei einer sachlichen Auseinandersetzung zu bleiben. Die „New York Times“ meldete, Trump sei nur wenige Stunden nach Vorstellung seines Sofortprogramms bei weiteren Auftritten zu seinen populistischen Thesen zurückgekehrt.

Trump liegt in einigen Umfragen derzeit bis zu neun Prozentpunkte hinter der demokratischen Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton. In den meisten der besonders umkämpften Bundesstaaten, die für das Wahlergebnis entscheidend sein könnten, liegt Clinton ebenfalls vorn. In mehr als 30 Bundesstaaten hat außerdem die Stimmabgabe an Urnen oder per Briefwahl bereits begonnen; bis zum eigentlichen Wahltag könnten bis zu 40 Prozent der mehr als 200 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimmen abgegeben haben. Neue Schwerpunkte im Wahlkampf könnten für Trump also zu spät kommen.

Neue Vorwürfe wegen sexueller Belästigung

Die Vorwürfe sexistischer Aussagen und Übergriffe haben dem Milliardär in den vergangenen Wochen erheblich geschadet. Am Samstag meldete sich eine weitere Frau zu Wort, die angab, von Trump ohne ihr Einverständnis geküsst worden zu sein. Der Republikaner bezeichnet alle derartigen Berichte – bisher sind Vorwürfe von elf Frauen bekannt geworden – als politisch motivierte Lügen.

Am Freitag hatte Trump erkennen lassen, dass er inzwischen mit einer Niederlage rechnet. Er sei „fast sicher“, am 8. November den Sieg davonzutragen, werde aber bei jedem Ergebnis mit sich zufrieden sein, sagte er. Das Nachrichtenportal „The Hill“ meldete, der Clinton-Wahlkampf sei in den besonders wichtigen Bundesstaaten wesentlich besser organisiert als der von Trump und könne auf mehr als drei Mal so viele Freiwillige zurückgreifen.

Absetzbewegungen der Wahlkampfmanager?

Einige Beobachter sind sicher, dass sich Trump bereits jetzt mit der drohenden Niederlage abfindet. Allein die Ankündigung von Klagen gegen die Frauen, die ihm sexuelle Übergriffe vorwerfen, spreche dafür, dass Trump nicht damit rechne, nach dem Wahltag mit dem Aufbau einer neuen Regierung beschäftigt zu sein, schrieb Michael Warren in der konservativen, aber Trump-kritischen Zeitschrift „Weekly Standard“. Warren will auch Absetzbewegungen bei den Wahlkampfmanagern des Unternehmers beobachtet haben.

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