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Wahlkampf-Kolumne: Anlauf für Merkel und Westerwelle

Landespolitik im Wahlkampf: Politikredakteur Albert Funk erklärt die Hintergründe des Koalitionsbruchs in Kiel.

Landespolitik in Schleswig-Holstein ist seit jeher etwas giftiger gewesen als anderswo. Jahrelang war das Verhältnis zwischen SPD und CDU von Hass und Niedertracht geprägt. Das aufgeregte Ende der großen Koalition muss also keinen wundern. Zumal die Führungsfiguren, der impulsive Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner mit seinem zähen Ehrgeiz, sich nicht ausstehen konnten. Im Hintergrund des Regierungsbruchs in Kiel (wie immer er an diesem Freitag ins Werk gesetzt wird) steht aber nicht zuletzt die Bundespolitik. Genauer gesagt: der Wunsch nach einem schwarz-gelben Bündnis in Berlin und die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Das ist zwar ein wenig kompliziert, aber machttechnisch ziemlich wichtig.

Die Länder, in denen die Union allein oder mit der FDP das Sagen hat, haben in der Länderkammer derzeit 36 Stimmen. Also die Mehrheit (sie liegt bei 35 Stimmen). Allerdings stehen am 30. August Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland an, am 27. September in Brandenburg. In Sachsen ist nicht ausgeschlossen, dass die CDU/SPD-Koalition durch ein Bündnis von CDU und FDP abgelöst wird. Dann wäre Schwarz-Gelb im Bundesrat bei 40 Stimmen. Im Saarland und Thüringen aber, wo die CDU derzeit allein regiert, sagen die Umfragen das Ende dieser Alleinherrschaft voraus. Und ob es dort jeweils zu Schwarz-Gelb reicht, ist sehr fraglich.

Fehlen aber die sieben Stimmen aus dem Saarland und Thüringen, ist die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat perdu. Denn in Brandenburg wird wohl weiter die SPD im Verein mit CDU oder Linkspartei regieren. Eine Regierung Merkel/Westerwelle hätte also vom ersten Tag an keine eigene Mehrheit im Bundesrat. Sie wäre immer darauf angewiesen, dass SPD oder Grüne mitmachen. Ein ehrgeiziges schwarz-gelbes Programm wäre dann nicht machbar. Denn zwar hat der Bundesrat mit der Föderalismusreform einige Zustimmungsrechte (und damit Blockademöglichkeiten) verloren, aber bei allen steuer- und finanzwirksamen Vorhaben reden die Länder entscheidend mit – weil der enge Verbund von Bund und Ländern hier trotz der Reform weiter besteht.

Wenn nun aber am 27. September in Schleswig-Holstein eine schwarz-gelbe Koalition zustande käme, und die aktuelle Prognose des Wahlinformationsdienstes „election.de“ sieht eine knappe Mehrheit, dann hätten Merkel und Westerwelle - schwuppdich - doch wieder eine Bundesratsmehrheit von 37 Stimmen. Mindestens bis Mai 2010, dann wählt Nordrhein-Westfalen. Und wenn dort Schwarz-Gelb bestätigt wird, dann könnten Union und FDP relativ sorglos bis 2013 ihr Programm abspulen. Aber selbst wenn sich die SPD an diesem Freitag der Landtagsauflösung verweigert – eine CDU-Minderheitsregierung könnte bis zum regulären Wahltermin im Mai 2010 die vier Bundesratsstimmen von Schleswig-Holstein pro Schwarz-Gelb abgeben. Und damit zumindest eine erfolgreiche Anlaufphase für Merkel und Westerwelle sichern. Wenn diese denn die Bundestagswahl gewinnen.

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