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Wahlkampf: Linkspartei wirft Gabriel "Wahlbetrug" vor

Die Linkspartei gibt sich empört. Einen "Wahlbetrug" plane der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel in Nordrhein-Westfalen, tönte der designierte Linken-Parteichef Klaus Ernst. Sein Vorwurf: Gabriel mache mit sozialen Sprüchen Wahlkampf, lege die SPD aber faktisch auf ein Bündnis mit der CDU fest.

Von Matthias Meisner

Ähnlich verärgert zeigte sich die Linken-Politikerin Petra Pau, Mitglied des Vorstandes der Bundestagsfraktion. „Auf die SPD-Spitze bleibt Verlass: Ob Hessen, ob Thüringen, ob Nordrhein-Westfalen, im Zweifelsfall stärkt sie (noch) immer die CDU.“

Tatsächlich verstärkt die SPD sechs Wochen vor der Wahl im größten Bundesland ihre Aktivitäten, die Linkspartei nach Möglichkeit aus dem Landtag herauszuhalten – in der Hoffnung, dass Rot-Grün dann auch allein auf eine Regierungsmehrheit kommt. In der „Welt am Sonntag“ argumentierte Gabriel: „Niemand behauptet ernsthaft, dass diese Partei in NRW zur Regierung fähig oder auch nur bereit ist.“ Das wisse auch der scheidende Linken-Chef Oskar Lafontaine: „Wir hören das ja jeden Tag aus dem Parteivorstand der Linken in Berlin.“ Spekulationen, dass die SPD bald nach der Wahl zu einer anderen Einschätzung komme, erteilte der Spitzen-Sozialdemokrat eine Absage: „Ich besitze keine Glaskugel und weiß nicht, was in zehn Jahren ist.“ Die SPD werde alles tun, um die Linkspartei „zumindest im Westen Deutschlands überflüssig zu machen“. Ähnlich argumentierte auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin. Er verschließt sich rot-rot-grünen Überlegungen nicht prinzipiell, will bei der Wahl am 9. Mai aber nicht auf diese Perspektive setzen. Im „Hamburger Abendblatt“ erläuterte er: „Anders als Herr Lafontaine möchte, erweckt die Linke in NRW nicht den Eindruck, dass sie regieren kann und will.“ Formal ausgeschlossen haben das Linksbündnis dennoch weder SPD noch Grüne – lediglich einer Tolerierung von Rot-Grün durch die Linkspartei erteilen beide Parteien eine klare Absage.

Die Linkspartei bemüht sich seit Wochen, sich von dem ihr anhaftenden Ruf der „Regierungsuntauglichkeit“ zu befreien. Wolfgang Zimmermann, Landeschef in NRW und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl, versicherte, sollte die SPD „es ehrlich meinen“, werde die Linke selbstverständlich mit ihr zusammenarbeiten. Den eigenen Anhängern, die einer Regierungsbeteiligung zum großen Teil skeptisch gegenüberstehen, erläuterte er, dass zum Regieren auch Kompromisse gehören müssten. Auch Lafontaine selbst tut alles, um die Variante im Gespräch zu halten – und wird sich an diese Strategie auch bei seinen angekündigten Einsätzen im Landtagswahlkampf halten. Der „Sächsischen Zeitung“ sagte er kürzlich: „Es ist ein Märchen, dass die Linke sich einer Regierungsbeteiligung verweigern würde.“ Dennoch bleibt Lafontaine skeptisch. Hannelore Kraft als Landesvorsitzende der SPD sei „zu zögerlich“, die Sozialdemokraten stellten sich in NRW „offensichtlich wieder selbst ein Bein“. Lafontaine hätte gern, dass Gabriel oder wenigstens seine Generalsekretärin Andrea Nahles sich noch vor dem 9. Mai mit ihm treffen – doch die haben offenkundig keine Lust auf so ein Signal.

Von der Variante überzeugt ist nicht mal der linke SPD-Flügel in Nordrhein- Westfalen. Der NRW-Linken, mit vielen Aktivisten von K-Gruppen in vorderer Front, traue er „keinen Millimeter“, sagt ein Genosse, der regelmäßig bei der Linkspartei sondiert. So gern er es gesehen hätte, dass etwa im Saarland Rot-Rot- Grün an die Macht gekommen wäre, in Nordrhein-Westfalen will er es nicht. Sein Argument: Ein vorzeitiges Scheitern einer Koalition in Düsseldorf würde die Aussichten auf ein Linksbündnis 2013 im Bund erheblich schmälern.

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