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Wahlkampf: Punkten mit dem Osten

CDU und SPD sehen Handlungsbedarf in den Neubundesländern – und entdecken linke Positionen.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

So pünktlich wie der Sommer kommt und das Wahljahr naht, entdecken die Parteien der großen Koalition den deutschen Osten wieder. Am Donnerstag hat die CDU ihr jüngstes Aufschwung-Ost-Papier vorgelegt – am Abend vorher wurde die SPD mit ihrer Version vorstellig. Die Unterschiede sind geringer, als die jeweiligen Parteisoldaten glauben machen wollen. Das ist kein Wunder. Sowohl die CDU („Der Aufbau Ost ist eine Erfolgsgeschichte der Union“) als auch die SPD („Wir sind die Partei der deutschen Einheit“) wollen der Linken Wähler abspenstig machen. „Wir geben uns mit dem Erreichten nicht zufrieden“, sagt CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ganz offen und meint die Wahlergebnisse damit.

Sachsens neuer Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Koautor des Papiers, nennt die konkreten Ideen: steuerliche Sonderförderung für Forschung und Entwicklung, Abweichungsrechte für die Ost-Länder etwa im Planungs- oder Arbeitsrecht, bessere frühkindliche Bildung, weiterer Ausbau der Infrastruktur, insbesondere eines Nord-Süd-„Transportkorridors“ von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. Tillich räumt ein, dass vieles in dem in zehn Punkte unterteilten Programm noch konkretisiert werden muss. Auffällig viele Sätze auf den 18 Seiten fangen mit „Wir wollen …“ an. Aber, sagt der Sorbe: „Wenn man sich keine Ziele stellt, kann man sie nicht erreichen.“ Und apropos Ziele: Leider, fügt der CDU-General Pofalla an, sei der amtliche Ost-Beauftragte der Bundesregierung, der Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, ja mit Visionen nie aufgefallen.

Dass Tiefensee nur Stunden vorher sein eigenes Konzept vorgelegt hat, weiß Pofalla natürlich genauso wie der SPD- Mann den Termin der CDU-Pressekonferenz kennt. Tiefensee hält von Zehn- Punkte-Programmen folglich schon vorab „absolut nichts“. Das Programm, das Tiefensee und seine Parteikollegin Iris Gleicke im Auftrag des SPD-Vorstands geschrieben haben, umfasst nämlich nur sechs Punkte. Auch Tiefensee macht kein Hehl aus dem Zweck der Übung: „So viel wie möglich“ aus dem Papier solle ins Wahlprogramm für 2009 eingehen.

„Viel erreicht – viel zu tun!“ lautet die sozialdemokratische Botschaft für die Landsleute von Rügen bis zum Thüringer Wald. Inhaltlich wollen die Ost-Sozialdemokraten beinahe all das nun auch, was die Ost-Linken schon länger wollen. Nur eben „seriös“, wie es Tiefensee formuliert. Die knalligste Forderung betrifft die Renten. Die sollen in Ost und West angeglichen werden, weil alles andere die „Menschen als ungerecht empfinden“. Das ist nahezu wortgleich dem, was Oskar Lafontaine verlangt. Ein konkreter Umsetzungsplan inklusive Finanzierung fehlt. Aber der, verspricht Tiefensee, soll „noch in diesem Jahr nachgeliefert“ werden. Auch der Ruf nach Ost-West-Angleichung der Löhne ist Ost-Wählern aus Linken-Mund vertraut. Jetzt fordert die SPD ebenfalls „einheitlich unterste Haltelinien in Ost und West“. 7,50 Euro Mindestlohn sollen bundesweit gelten, damit Ostdeutsche nicht länger für Hungerlöhne arbeiten und zum Geldverdienen in den Westen abwandern müssten.

Übrigens fordert die SPD wie die CDU eine spezielle Steuerförderung für Forschung und Entwicklung . Und noch eine großkoalitionäre Gemeinsamkeit: Keine der zwei Parteien sagt, was das kostet und wer zahlen soll.

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