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Wahlrecht: Müntefering will Überhangmandate abschaffen

Die SPD und die Grünen wollen noch vor der Bundestagswahl im September das Wahlrecht ändern. Das jetzige System sei "verfassungswidrig" so Franz Müntefering.

"Wir können nicht einfach nach einem erklärterweise verfassungswidrigen System wählen", sagte SPD-Chef Franz Müntefering der "Frankfurter Rundschau". Die Grünen legten am Mittwoch im Bundestag einen eigenen Gesetzentwurf vor und forderten die große Koalition auf, diesen zu unterstützen. "Die Zeit drängt", sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Volker Beck.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Juli 2008 eine Klausel im Wahlrecht gekippt und vom Bundestag bis 2011 eine Änderung verlangt. Die Klausel kann dazu führen, dass unter bestimmten Konstellationen eine Partei trotz Stimmengewinn unter dem Strich einen Abgeordnetensitz einbüßt. Auslöser sind die sogenannten Überhangmandate, die anfallen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direkt- als Listenmandate erzielt.

Es geht um die Beseitigung von Fehlern

Müntefering plädierte für die ersatzlose Abschaffung der Überhangmandate, damit die Zahl der Sitze im Bundestag konstant bei 598 bleibt. Der SPD-Chef: "Man stelle sich doch nur einmal vor: Wir haben im nächsten Bundestag eine Situation, in der nur durch die verfassungswidrigen Überhangmandate eine bestimmte Regierungsbildung ermöglicht oder verhindert wird: ob nun Schwarz-Gelb, Rot-Grün, Jamaika oder Ampel." Der Bundestag sollte sich das "Risiko einer Regierungsbildung unter verfassungswidrigen Bedingungen in Deutschland nicht leisten".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte, gerade bei fünf Parteien im Bundestag könnten Überhandmandate "zu erheblichen Verzerrungen führen". Er gehe zuversichtlich in die Gespräche mit der Union. Man habe noch ein halbes Jahr Zeit. Es gehe nicht um ein völlig neues Wahlrecht, sondern um die Beseitigung von Fehlern.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen (CDU), hatte allerdings im Dezember gesagt, die Koalitionsfraktionen würden vor der Wahl keinen Vorschlag mehr für eine Novelle vorlegen.

Nach dem Gesetzentwurf der Grünen sollten die Parteien künftig ihre jeweiligen Überhangmandate bundesweit verrechnen. Dies decke sich auch mit dem Müntefering-Vorschlag. Das bisherige System schaffe hingegen erhebliche Manipulationsmöglichkeiten und sei von den Richtern zu Recht als verfassungswidrig bezeichnet worden, sagte Beck. Würde zum Beispiel die CDU in Baden-Württemberg Überhangmandate erzielen, würde diese mit Listenmandaten in einem anderen Bundesland verrechnet. (mpr/dpa)

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