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Im französischen Wahlkampf geht es immer um alles. Der neu gewählte Präsident Francois Hollande hat sich in seiner Kampagne danach gerichtet.

© Reuters

Wahlrecht: Stabilität geht über alles

Frankreich bevorzugt die Mehrheitswahl.

Klare Mehrheiten – das war General de Gaulles Ziel für Frankreich nach seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 1958. Nach den Erfahrungen der IV. Republik, in der es im Parlament aufgrund der Vielzahl der Parteien nur selten zu dauerhaften Mehrheiten gekommen war, wollte de Gaulle die Basis für stabile Verhältnisse schaffen. Ein Mittel dazu war die Wiedereinführung des Mehrheitswahlrechts.

Gewählt wird derzeit in 577 Wahlkreisen. Das Mandat hat, wer im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen und mindestens ein Viertel der Stimmen der Wahlberechtigten erhält. Erfüllt keiner der Kandidaten diese Bedingungen, kommt es zu einem zweiten Wahlgang. An dem nehmen die Kandidaten teil, die im ersten Durchgang die Stimmen von mindestens 12,5 Prozent der Wahlberechtigten erhielten. Gewählt ist, wer die einfache Mehrheit erreicht.

Dieses Mehrheitswahlsystem führte zu den von de Gaulle gewünschten stabilen Verhältnissen, brachte jedoch auch Nachteile. Eine Folge ist die Blockbildung zwischen rechts und links. So schrumpfte die auf ihre Unabhängigkeit von der konservativen UMP bedachte UDF unter dem Zentrumspolitiker François Bayrou bei der Wahl 2012 zur Bedeutungslosigkeit. Die rechtspopulistische Nationale Front schaffte den groß angekündigten Durchbruch nur in zwei Wahlkreisen, und Frankreichs Grüne zogen nach langer Unterbrechung nur wegen Absprachen mit den Sozialisten ins Palais Bourbon ein.

Um das Parteiensystem vor einer Erstarrung zu bewahren, wird immer wieder der Ruf nach einer Reform des Wahlrechts laut. Im Wahlkampf stellte Präsident François Hollande die Einführung einer „Dosis Verhältniswahl“ in Aussicht. Ob es dazu kommt, ist unklar. Denn für eine Abkehr vom Mehrheitswahlrecht als Damm gegen die Nationale Front oder andere radikale Bewegungen, die die Stabilität des Systems infrage stellen könnten, ist Frankreichs politische Klasse nicht zu haben. Hans-Hagen Bremer

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