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Mehr geht nicht: François Hollande.

© reuters

Wahlsieger Hollande: An den Schaltstellen der Macht

François Hollande ist am Ziel: Seine Partei sitzt an allen relevanten Schaltstellen der Macht. Hollande kann komfortabel durchregieren in den kommenden Jahren. Aber wie wird er mit Angela Merkel umgehen? Spekuliert er auch in Berlin auf einen Machtwechsel?

Ab jetzt gilt es für François Hollande. Seit am Sonntagabend die ersten Hochrechnungen nach der Parlamentswahl veröffentlicht wurden, weiß Frankreichs Präsident, dass er in den nächsten fünf Jahren durchregieren kann. Das hat es so in diesem Land noch nie gegeben. Damit ist der Sozialist am Ziel. Mit dem Ende von Hollandes Kampagne, die Frankreich in den letzten Monaten in einen Rausch von Wahlversprechen und frommen Wünschen versetzte, beginnt für den Staatschef und seine Regierung aber nun eine neue Phase: die Landung auf dem Boden der Realität.

Europa hat monatelang auf das Ende des Wahlkampfs in Frankreich gewartet. Jetzt, da die Machtverhältnisse an der Seine endgültig geklärt sind, müssen die ungelösten Fragen in Brüssel, Berlin, Madrid und anderswo umso dringender gelöst werden. Wie groß soll das geplante Wachstumspaket für die Euro-Zone werden? Reicht der Banken-Rettungsschirm für Spanien? Wer wird der nächste Chef der Euro-Gruppe? Und, natürlich, wie geht es weiter mit Griechenland? Hollande kann sich jetzt nicht mehr um eine Antwort herumdrücken. Er muss liefern.

Wenn Frankreichs Präsident auf diese europapolitische Aufgabenliste schaut, dann mag es ihn beruhigen, dass seine Partei auf allen Ebenen des politischen Lebens in Frankreich inzwischen an den Hebeln der Macht sitzt – in den Départements, in den Regionen und nun auch erstmals in beiden Kammern des Parlaments. Das verleiht Hollande nicht nur eine große Machtfülle im Inneren, sondern wird wohl auch in der Europapolitik dazu führen, dass er seine Forderungen mit größtmöglichem Nachdruck vertritt – gegenüber Angela Merkel. Die offene Frage ist nun, inwieweit er es tatsächlich auf eine Konfrontation mit der Kanzlerin ankommen lässt.

Gegenwärtig gibt es Indizien dafür, dass Hollande den Schulterschluss mit Merkel sucht. Allein schon aus dem kühlen Grund, dass die Euro-Zone vor allem eines jetzt nicht gebrauchen kann: einen Streit auf offener Bühne zwischen der deutschen Regierungschefin und dem Mann im Elysée-Palast. Dazu ist die Lage in Griechenland, Italien und Spanien immer noch zu fragil. Wenn der germanophile Premierminister Jean-Marc Ayrault nun die „gemeinsame Verantwortung“ in Europa beschwört, dann könnte das bedeuten, dass man in Paris den Ernst der Lage erkannt hat.

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Denkbar ist aber auch, dass Hollande auch weiterhin ganz bewusst die Differenzen mit der Kanzlerin – zum Beispiel über den Umfang des geplanten Euro- Wachstumspakets – herausarbeitet, weil er insgeheim schon auf einen Machtwechsel nach französischem Vorbild in Deutschland im kommenden Jahr spekuliert. Dass der Staatschef die SPD-Troika vergangene Woche im Elysée-Palast empfing, mag man ja noch als nachvollziehbare Retourkutsche verstehen. Schließlich hatte sich Merkel seinerzeit hartnäckig geweigert, den sozialistischen Kandidaten Hollande im Wahlkampf in Berlin zu empfangen. Aber wenn Hollandes Industrieminister Arnaud Montebourg den von Merkel europaweit verordneten Sparkurs als Produkt „ideologischer Blindheit“ geißelt, dann könnte das bedeuten: Hier braut sich zwischen Berlin und Paris etwas zusammen.

Natürlich ist die EU stark genug, um eine Debatte über die richtige Balance zwischen Austeritätspolitik und Wachstumsimpulsen auszuhalten. Aber einen französischen Präsidenten, der sich permanent im Wahlkampf wähnt – den sollte sie sich besser sparen.

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