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Politik: Wahre Demokraten

Bei den US-Kongresswahlen ist der Bundesstaat Iowa von besonderem Interesse: Er ist eine Ausnahme – hier ist unklar, welcher Kandidat ein Mandat gewinnt

Am kommenden Dienstag wird in den USA der Kongress gewählt – für ein Drittel der Senatoren und die 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses geht es um den Sitz im Kapitol. Zwei Jahre vor den nächsten Präsidentschaftswahlen werden die Wahlen auch als Stimmungsmesser für den Präsidenten gewertet. Allerdings haben die großen Parteien die meisten Wahlkreise so zugeschnitten, dass keine großen Überraschungen beim Ergebnis zu erwarten sind. Im Bundesstaat Iowa jedoch ist der Wahlkampf heftig entbrannt, hier erlaubt der Zuschnitt der Wahlkreise echten Wettbewerb, bei drei von fünf Mandaten ist der Sieger völlig offen.

Der Republikaner Jim Leach steckt deshalb nach 26 Jahren im Repräsentantenhaus im härtesten Wahlkampf seiner politischen Laufbahn; und einem der wichtigsten im ganzen Land. Neben drei der vier republikanischen Repräsentanten des Bundesstaates muss auch der demokratische Senator Tom Harkins um seine Wiederwahl bangen. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse – die Demokraten stellen einen Senator mehr als die Republikaner, die Bush-Partei hat sechs Sitze Vorsprung im Repräsentantenhaus – könnte in dem Agrarstaat im Mittleren Westen die Wahl entschieden werden.

Die meisten Landesregierungen hatten die Neufestlegung der Wahlbezirke nach der Volkszählung im Jahr 2000 dazu genutzt, sichere „Homelands“ für ihre eigenen Kandidaten zu schaffen. In Iowa hingegen legte eine unabhängige Kommission die neuen Bezirke fest und versuchte, sie möglichst ausgewogen zu gestalten. Das ist offenbar gelungen, denn während die Republikaner vier der fünf Repräsentanten des Bundesstaates stellen, machten die Demokraten das Rennen bei den letzten Gouverneurswahlen, und auch ihr Kandidat für das Weiße Haus, Al Gore, lag 2000 in Iowa knapp vorn.

Iowas drei Millionen Bürger, die auch die Vorausscheidungen für die Präsidentschaftswahlen eröffnen, sind stolz darauf, „eine der letzten demokratischen Bastionen der USA zu sein“, wie es in den örtlichen Medien heißt. Für den 59-jährigen Leach bedeutet dies harte Arbeit. Sein neuer Wahlbezirk gilt als demokratisch, seine Herausforderin, die 57 Jahre alte Julie Thomas tut sich wesentlich leichter im Haus-zu-Haus-Wahlkampf und hat dank finanzieller Unterstützung aus Washington mehr als 400 000 Dollar in der Wahlkampfkasse. Leach selbst verfügte nur über knapp 150 000 Dollar. Dennoch gibt sich der Republikaner zuversichtlich. „Seit dem 11. September sind der Kampf gegen den Terror und die Außenpolitik Washingtons auch für die Menschen in Iowa wichtige Themen, und da habe ich eindeutig mehr Erfahrung als meine Herausforderin, die zum ersten Mal antritt“, sagt Leach.

Hoffnungen auf eine Wiederwahl macht sich Leach aber auch, weil er als einer der liberalsten Republikaner im Repräsentantenhaus bekannt ist. Er stimmte sogar gegen die Ermächtigung des Präsidenten, einen Waffengang gegen den Irak zu befehlen. Damit kann der Republikaner auch an der Universität von Iowa punkten. Im Gegensatz zum demokratischen Senator des Bundesstaates, Tom Harkin. Als der 62-jährige Harkin gemeinsam mit dem Mehrheitsführer im US-Senat, Tom Daschle, zu einer Wahlkampfveranstaltung an die Uni in Iowa-City kam, wurde er von Studenten mit Protestplakaten erwartet. „Harkin hat mit seiner Stimme den Weg dafür frei gemacht, dass viele Amerikaner und Iraker zu Krüppeln gemacht werden“, stand auf einem der Pappschilder. „Ihr rückgratlosen Demokraten seid gefeuert“ hieß es auf einem anderen.

Den Ausschlag bei der Wahl könnte jedoch ein ganz nüchternes Argument geben: Wichtige Posten im Senat und im Repräsentantenhaus werden traditionell nach dem Senioritätsprinzip vergeben. Davon profitieren sowohl Harkin als auch der Republikaner Jim Leach. Harkin beispielsweise sitzt nach 18 Jahren im Senat inzwischen dem Agrarausschuss vor. Dass er dort in diesem Jahr für das neue Farmgesetz gekämpft hat, das Milliarden-Subventionen für Amerikas Bauern beinhaltet, dürfte denn auch die vielen republikanischen Stammwähler unter Iowas Farmern nicht unbeeindruckt gelassen haben.

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