zum Hauptinhalt

Politik: Waigel hofft auf Reform ohne höhere Mehrwertsteuer

BERLIN (tib/ca/rah).Die Bundesregierung hat angekündigt, die geplante Steuerreform auch ohne die in früheren Planungen beabsichtigte Mehrwertsteuererhöhung zu finanzieren.

BERLIN (tib/ca/rah).Die Bundesregierung hat angekündigt, die geplante Steuerreform auch ohne die in früheren Planungen beabsichtigte Mehrwertsteuererhöhung zu finanzieren.Während die Oppositionsparteien der Bundesregierung nach den Äußerungen von Familienministerin Claudia Nolte (CDU) "Wahlbetrug" und eine "neue Steuerlüge" vorwarfen, sagte Finanzminister Theo Waigel am Mittwoch in Berlin, er werde alles daran setzen, die mit der Steuerreform geplante Nettoentlastung in Höhe von 30 Milliarden Mark auch ohne eine höhere Mehrwertsteuer zu ermöglichen."Wir planen keine Mehrwertsteuererhöhung", sagte Waigel.Es sei möglich, mit haushaltspolitischen Maßnahmen, durch Steuermehreinnahmen und weniger Ausgaben infolge verringerter Arbeitslosigkeit eine Erhöhung der indirekten Steuern zu vermeiden.

Waigel begründete seinen Optimismus, jetzt doch ohne eine Mehrwertsteuererhöhung auszukommen, damit, daß sich die Steuereinnahmen positiver entwickelten als erwartet.Außerdem brächte jeder Abbau von 100 000 Arbeitslosen jährlich drei Milliarden Mark mehr in die Staatskassen.Später relativierte der Finanzminister sein kategorisches Nein zu einer Mehrwertsteuererhöhung im Zuge der Steuerreform auf Nachfragen jedoch wieder leicht."Wir werden alles daran setzen, das Konzept so zu gestalten, daß eine Umschichtung von direkten zu indirekten Steuern nicht notwendig ist", hieß es dann nur noch.In den bisherigen Steuerplänen der Koalition war bisher genau das vorgesehen: die Teilfinanzierung der geplanten Entlastungen durch einen Mehrwertsteuerpunkt.Unter dem Strich soll es aber auf jeden Fall eine Nettoentlastung in Höhe von 30 Milliarden Mark für die Bürger geben.Waigel reagierte mit seiner neuen Position auf die von Familienministerin Claudia Nolte (CDU) ausgelöste Diskussion.Frau Nolte hatte auf einer Wahlveranstaltung von einer geplanten Mehrwertsteuererhöhung gesprochen, ihre Äußerung aber wenig später als "Versehen" zurückgenommen und war von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) dafür indirekt gerügt worden.

Die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier machte dem Kanzler in Bonn den Vorwurf einer "neuen Steuerlüge".Sie betonte, daß SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder in seiner Bundestagsrede vor zwei Wochen zugesichert habe, mit der SPD werde es keine Mehrwertsteuererhöhung geben.Die SPD-Pläne zur Steuerreform seien "bescheidener, dafür aber solider".Die Steuerpläne der Koalition liefen darauf hinaus, eine Entlastung von Spitzenverdienern über die Mehrwertsteuer zu finanzieren, die vor allem die kleineren Einkommen tragen müßten.Schröder sagte in Dresden auf dem Verbandstag der Volksbanken und Raiffeisenbanken, er halte eine Erhöhung der Mehrwertsteuer "in der gegenwärtigen Situation für eine Katastrophe".SPD-Chef Oskar Lafontaine hob hervor, Mehrwertsteuerhöhungen würden die Binnenkonjunktur weiter belasten.Der Grünen-Fraktionssprecher Joschka Fischer sagte, Claudia Nolte habe "die Katze aus dem Sack gelassen".

Noch deutlicher als Waigel drängte die FDP darauf, die Steuerreform ohne Mehrwertsteuererhöhung zu realisieren.FDP-Chef Wolfgang Gerhardt erklärte, die Koalititon habe in ihrer ursprünglichen Konzeption einen Punkt Mehrwertsteuer vorgesehen.Nunmehr schlage er vor, darauf zu verzichten, "weil ich glaube, daß die Steuersenkung auch ohne Mehrwertsteuererhöhung finanziert werden kann." Die Mehrwertsteuer war zuletzt mit Zustimmung auch von SPD und Grünen in April um einen Punkt erhöht worden, um die Rentenkassen zu entlasten.Auch in den Wahlprogrammen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ist die Erhöhung von indirekten Steuern zugunsten niedrigerer Lohnnebenkosten vorgesehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false