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Politik: Waigel: Steuerausfälle gefährden deutsche Euro-Teilnahme nicht

Finanzminister will 40-Milliarden-Loch durch Verkäufe und gestreckte Schuldentilgung stopfen / SPD: Katastrophe BONN.Trotz erneuter Steuerausfälle von fast 40 Milliarden DM für Bund, Länder und Gemeinden 1997 und 1998 wird Deutschland nach Meinung von Bundesfinanzminister Waigel (CSU) das Drei-Prozent-Defizit für die Teilnahme am Euro einhalten.

Finanzminister will 40-Milliarden-Loch durch Verkäufe und gestreckte Schuldentilgung stopfen / SPD: Katastrophe BONN.Trotz erneuter Steuerausfälle von fast 40 Milliarden DM für Bund, Länder und Gemeinden 1997 und 1998 wird Deutschland nach Meinung von Bundesfinanzminister Waigel (CSU) das Drei-Prozent-Defizit für die Teilnahme am Euro einhalten.Wie Waigel am Dienstag in Bonn mitteilte, will er das Minus beim Bund von 6,7 Milliarden in diesem und 9,5 Milliarden im kommenden Jahr durch Privatisierungserlöse, den Aufschub von Schuldentilgung sowie durch Sparmaßnahmen erreichen.Während FDP-Fraktionschef Gerhardt die Ausfälle für "bewältigbar" hält, sprach sein SPD-Kollege Scharping von einer "Katastrophe". Wie Waigel nach Vorlage der Ergebnisse der Steuerschätzung zunächst vor den Fraktionen von CDU/CSU und FDP sowie anschließend vor der Presse erläuterte, müssen im laufenden Haushalt Einnahmeverluste von insgesamt 15 Milliarden DM ausgeglichen werden.Das liegt unter anderem daran, daß der zusätzliche Verkauf von Telekom-Aktien zum Teil ins kommende Jahr verschoben wird, um 1998 Steuermindereinnahmen auszugleichen.Der Bund muß in diesem Jahr rund vier Milliarden DM weniger an die Bundesanstalt für Arbeit bezahlen.Dies ist unter anderem auf Grundstücksverkäufe und Rationalisierungsmaßnahmen zurückzuführen. Insgesamt vier Milliarden DM werden durch die Finanzsperren des Ministers im laufenden Haushaltsvollzugs eingespart.Der Rückgang der Kriegsfolgelasten schlägt mit zwei Milliarden DM zu Buch.Fünf Milliarden DM werden weniger an den Erblastentilgungsfonds überwiesen.Diese Operation ist 1998 nicht mehr möglich, da die Bundesregierung sonst unter die Mindesttilgungsgrenze fiele.Deswegen werden im kommenden Jahr Telekomaktien für acht Milliarden DM verkauft.Dafür überweist der Bund über zwei Milliarden DM weniger an die Nachfolger der Treuhand.Mit Privatisierungserlösen wird unter anderem aus dem Verkauf der deutschen Ausgleichsbank sowie von Anteilen am Hamburger Flughafen gerechnet. Auf diese Weise will Bundesfinanzminister Waigel die Neuverschuldung in diesem Jahr bei 71,2 Milliarden DM und im kommenden Jahr bei weniger als 57 Milliarden DM halten.Damit wäre nicht nur das Defizitkriterium des Maastrichter Vertrages erreicht, die Bundesregierung müßte 1998 auch nicht noch einmal offiziell die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes erklären.Das war in diesem Jahr nach Artikel 115 des Grundgesetzes nötig, weil die Schuldenaufnahme die Summe der Investitionen überstieg. Waigel zufolge sind die Steuerausfälle nicht in erster Linie auf die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit zurückzuführen, sondern durch die Ausnutzung "steuersparender Möglichkeiten" bei der veranlagten Einkommensteuer.Scharping bot der Regierung Gespräche über Maßnahmen zur Schließung von Schlupflöchern an.Die SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier forderte eine Mindeststeuer für Bürger, die Steuerverluste anmelden.CDU/CSU-Haushaltssprecher Adolf Roth, der gemeinsam mit den übrigen Haushaltspolitikern der Koalition die Regierungsstrategie ausgearbeitet hatte, sprach von einem vollen Erfolg.Dieser sei "ein deutliches Signal an die Investoren".Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach sich für ein "Steuer-Sofortprogramm" aus.Die Einnahmeverluste als Folge einer unvorhergesehenen Wachstumsabschwächung müßten auch durch Aufnahme neuer Kredite ausgeglichen werden. Unterdessen verhängten Brandenburg und Baden-Württemberg jeweils für ihr Land eine Haushaltssperre.

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