zum Hauptinhalt
070822sandsturm

© Imago

Waldschützer: Berliner Forscher helfen Chinas Umwelt

China kämpft gegen trockene Flüsse, tote Bäume, Sandstürme. Zu Hilfe kommt ihnen jetzt ein Computerprogramm, das zwei Wissenschaftler von der TU in Berlin entwickelt haben.

Grün ist die Farbe der Hoffnung: Für 2008 hat China grüne Olympische Spiele versprochen. Derzeit ist das Land aber noch weit entfernt von diesem Ziel und kämpft gegen Dürren, Sandstürme und zunehmende Versteppung. Zu Hilfe kommt ihnen jetzt ein Computerprogramm, das zwei Wissenschaftler von der Technischen Universität in Berlin entwickelt haben. Allerdings warten Birgit Kleinschmit und Johannes Küchler vom Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung nicht etwa mit Berechnungen von Windgeschwindigkeiten und Niederschlägen auf, stattdessen setzen auch sie auf die Farbe Grün: Ihr Programm ermittelt anhand von Satellitendaten den Zustand der Auwälder am Tarim-Fluss im Westen Chinas.

Dieser mehr als tausend Kilometer lange Strom ist die Lebensader für ein Gebiet, das die dreifache Größe Deutschlands umfasst. Rund acht Millionen Menschen in der autonomen Provinz Xinjiang der Uighuren wohnen entlang der ausgedehnten Oasen am Flussufer – nur ist von diesen nicht mehr viel übrig: Im Zuge der sogenannten Neulandgewinnungen nach 1949 wurden 43 Staatsfarmen gegründet, auf die eine halbe Million Chinesen aus dem übervölkerten Osten des Landes umgesiedelt wurden. Ihre Baumwollfarmen werden allesamt mit Wasser aus dem Tarim bewässert. Die Folge: Der Unterlauf des Flusses ist auf einer Länge von 320 Kilometern ausgetrocknet, die Seen Lop-Nor und Tetema Hu, in denen der Tarim einst endete, sind verschwunden, und dort, wo früher üppig grüne Auwälder am Flussufer standen, ragen nun zwischen öden Salzplatten kahle Baumgerippe aus dem Sand.

Je mehr der grüne Gürtel rund um den Fluss schrumpft, desto stärker leidet die Region unter Sandstürmen: Inzwischen können die Menschen an siebzig bis achtzig Tagen im Jahr das Haus wegen starker Sandstürme gar nicht mehr verlassen, mitunter wird der Staub gar bis in die ferne Hauptstadt Peking getragen. Es fehlen die Bäume der Auwälder, die den Wind brechen und den Sand aus der Luft kämmen, so dass sich mit der Zeit Sandhügel um ihre Stämme herum bilden.

Die chinesische Regierung hat den Handlungsbedarf erkannt: Um die Reste der Auwälder zu retten, wird seit 2000 jedes Jahr während der Hochwasserzeit über kilometerlange Betonkanäle Wasser in den Unterlauf des Tarim geleitet. Gleichzeitig werden am Oberlauf die Bewässerungssysteme verbessert, so dass mehr Wasser für den Unterlauf bleibt. Am Mittellauf wird der Fluss in ein relativ enges Korsett aus Betondeichen gezwängt, damit das Wasser schneller zum Unterlauf kommt. Nun aber fehlt am Mittellauf das Wasser und die Auwälder verdorren dort.

Dringend müsste also die Situation der Auwälder entlang des gesamten Tarim beobachtet werden, um zu erkennen, wann Maßnahmen zur Rettung der Auwälder an einem Flussabschnitt die Auwälder an einem anderen Abschnitt gefährden. In der Wüste aber überwacht man eine weit über tausend Kilometer lange Strecke am leichtesten aus der Luft oder von Satelliten aus. Und genau an dieser Stelle kommen Birgit Kleinschmit und Johannes Küchler von der Berliner TU ins Spiel. Das Grundprinzip ihrer Messungen erläutert Kleinschmidt so: „Während normale Vegetation Strahlung im nahen Infrarot sehr gut reflektiert, senden geschädigte Blätter deutlich weniger Infrarot-Strahlen zurück.“ Mit Geldern der Heidelberger Klaus-Tschira-Stiftung haben die Forscher - gemeinsam mit Ümüt Halik von der Universität Xinjiang in Urumtschi und Kollegen von der dortigen chinesischen Akademie der Wissenschaften - diese Überlegungen auf Satellitenbilder von den Auwäldern am Tarim übertragen. In den Sommern der Jahre 2004, 2005 und 2006 haben sie Messungen direkt am Fluss vorgenommen und sich Satellitenbilder von der Region gekauft. Ihr Kollege Bodo Coenradie von der TU Berlin hat dann die Informationen verschiedener Wellenlängen der Satellitenbilder mit den Messungen vor Ort geeicht. Aus den Satellitendaten können die Forscher den Zustand der Auwälder am Fluss errechnen. Für die TU Berlin ist das Projekt seit wenigen Wochen abgeschlossen. Nun steht das Programm der Universität Xinjiang zur Verfügung. Auf diese Weise können die chinesischen Wissenschaftler und Behörden in den kommenden Jahren beobachten, wo Maßnahmen der Regierung Dürren und Staubstürme erfolgreich bekämpfen und wo neue Probleme entstehen. Roland Knauer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false