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Politik: Warschau stoppt Autobahnbau durch Naturschutzgebiet

Die Planierraupen kommen vorerst nicht zum Einsatz. In letzter Minute ist der Bau einer Autobahn quer durch ein einzigartiges Naturschutzgebiet im Nordosten von Polen gestoppt worden.

Die Planierraupen kommen vorerst nicht zum Einsatz. In letzter Minute ist der Bau einer Autobahn quer durch ein einzigartiges Naturschutzgebiet im Nordosten von Polen gestoppt worden. Die Regierung hat damit im Streit mit der EU eingelenkt.

Die Erklärung von Jaroslaw Kaczynski am Dienstag fiel etwas umständlich aus – damit der Premier nicht als Verlierer dasteht. Im staatlichen Rundfunk erklärte der Regierungschef, dass die Arbeiten an der Straße im Rospuda-Tal, die an diesem Mittwoch wieder beginnen sollten, zunächst nicht fortgesetzt würden. „Wir müssen Zurückhaltung zeigen“, sagte er. „Die Arbeiten im Rospuda-Tal werden zunächst nicht wieder aufgenommen, das wird dem Rest des Projekts nicht schaden.“ Kaczynski ließ durchblicken, dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeute. Doch angesichts der laufenden Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof sei ihm keine andere Wahl geblieben.

Die EU-Kommission hatte eine einstweilige Verfügung beim EU-Gerichtshof beantragt, um den Bau zu stoppen. Die Dolina Rospuda, so der polnische Name, ist ein Torfgebiet mit Urwäldern, in denen noch Adler, Luchse, Wölfe und viele seltene Vögel beheimatet sind. Die Bauarbeiten waren seit März ausgesetzt, um die Nistzeit der Vögel nicht zu stören.

Der Streit war eskaliert, als im Februar das 120-Millionen-Euro-Projekt vom zuständigen Wojewoden der Region Podlaskie endgültig genehmigt worden war. Die Straße wird Teil der Via Baltica sein, die eines Tages direkt von Tallinn nach Warschau führen und den zunehmenden Warenverkehr zwischen Ost- und Westeuropa erleichtern soll. Die Anwohner des Tales unterstützen den Bau. Hunderte von ihnen demonstrierten am Dienstag mit Slogans wie „EU, lass uns leben“ oder „Ökologen sind Terroristen“ für die Wiederaufnahme der Arbeiten. Am Montag hatten sie aus Protest die Durchgangsstraße gesperrt. Durch die in dem Gebiet gelegene 17 000-Einwohner- Stadt Augustow fahren derzeit täglich 4500 Lastwagen.

Umweltschützer setzen sich seit Jahren gegen das Projekt zur Wehr, weil es ihrer Ansicht nach ein einzigartiges Stück Landschaft zerstören würde. Bereits im vergangenen Sommer hatte die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ eine Protestaktion gegen die Trasse organisiert. Damals waren Staatspräsident Lech Kaczynski Hunderttausende von Unterschriften übergeben worden, der daraufhin versprach, sich für die Erhaltung des Tals einzusetzen. Der polnische Verkehrsminister Jerzy Polaczek aber bezeichnet die ganze Angelegenheit als bizarr. Er will am Ausbau der Straße festhalten.

Knut Krohn[Warschau]

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