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Politik: Was wir können

Von Wolfgang Schäuble

Der Manager von Bayern München, Uli Hoeneß, hat die Lage der Fußballnationalmannschaft nach ihren letzten Spielen mit der Lage unseres Landes verglichen. Er hat das wohl nicht nur freundlich gemeint. Ich interpretiere den Vergleich so: Insgesamt herrscht ein etwas müder Geist, zündende Ideen fehlen. Die guten Einzelspieler, die wir haben, spielen nicht optimal zusammen – und bei einem Mannschaftsspiel hängt daran am Ende alles. Dementsprechend fehlen die großen, internationalen Erfolge, an die wir uns über Jahre hin gewöhnt hatten.

Ich kann diesem Vergleich auch mit Blick auf unsere Gesellschaft durchaus etwas abgewinnen. Die Ursachen für die geringer gewordenen Erfolge sind jedoch in beiden Fällen nicht nur hausgemacht, sondern haben auch mit veränderten Rahmenbedingungen zu tun. Der Wettbewerb, indem wir uns in der globalisierten Welt behaupten müssen, ist härter geworden. In vielen Teilen der Welt steigt das Leistungsniveau. Mit denselben Leistungen, mit denen man vor Jahren noch an der Spitze liegen konnte, ist man heute nur noch Mittelmaß. Unsere Sportler erleben das, und unsere in der Wirtschaft Tätigen – Unternehmer wie Arbeitnehmer – spüren das genauso im Wettbewerb um Marktanteile, Produktions- und Investitionsstandorte und Arbeitsplätze.

Die Klage über diese Bedingungen ist jedoch oft unehrlich. Denn sie blendet aus, dass wir von der Leistung anderer auch profitieren – als Verbraucher oder Touristen oder eben auch als Fußballfans Woche für Woche in der Bundesliga. Die Globalisierung ist eine Herausforderung, sie bietet aber auch neue Möglichkeiten, dieser Herausforderung gerecht zu werden. Jegliche Form von Defätismus kann nur schädlich sein. Wir haben schon andere Probleme gemeistert. Wir müssen die neuen Herausforderungen jedoch annehmen, und die erste Voraussetzung dafür ist, dass wir nicht zu viel von anderen erwarten, sondern mehr Verantwortung selbst übernehmen.

Das ist auch ein tragendes Element für die Bildung einer neuen Regierung. Zuviel Bürokratie und Regulierung erdrosselt dynamische Kräfte. Staat und Politik können nicht alles leisten. Wo das sonst endet, haben wir einst im real existierenden Sozialismus erlebt. Aber den Rahmen für Freiheit und Solidarität, den muss die Politik schaffen und immer wieder neu erhalten. Dieser Rahmen muss so beschaffen sein, dass er Kreativität, Engagement und Leistungsbereitschaft fördert, nicht behindert. Das geht von der Stärkung kommunaler Selbstverwaltung über die Föderalismusreform und die Förderung von Familie und ehrenamtlichem Engagement bis zu besseren Rahmenbedingungen für Mittelstand, Selbstständige und Dienstleistungen aller Art.

Die Herausforderung an Politik und Gesellschaft ist also klar. Sie ist aber kein Grund zur Verzweiflung. Wenn wir uns anstrengen und uns auf unsere Stärken besinnen, können wir diese Herausforderungen meistern und an traditionelle Erfolge anknüpfen. Das gilt für die Fußball-Weltmeisterschaft genau so wie für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

Der Autor ist Präsidiumsmitglied der CDU und designierter Innenminister.

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