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Der frühere Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat Ärger mit der eigenen Parteispitze.

© dpa

Waziristan-Gate: Grünen-Spitze kritisiert Trittin nach Talibanvergleich

"Dieses Waziristan der Grünen": Jürgen Trittin hat den grünen Realo-Flügel in Baden-Württemberg mit einem pikanten Zitat verärgert. Jetzt verlangt die Parteispitze eine Klarstellung.

Von Hans Monath

Die Grünen erhöhen den Druck auf ihren ehemaligen Spitzenpolitiker Jürgen Trittin, sich von einem abfälligen Zitat über die Realpolitiker seiner Partei zu distanzieren. Der frühere Umweltminister, Partei- und Fraktionschef, der zum linken Parteiflügel zählt, war vom „Spiegel“ mit den Worten zitiert worden, es gebe bei den Grünen zehn bis 15 Prozent „Radikalrealos“, die alle aus Baden-Württemberg stammten, „diesem Waziristan der Grünen“. Die pakistanische Region Waziristan gilt als Rückzugsgebiet der radikal-islamischen Taliban.

Erstmals forderte auch ein Mitglied der Grünen-Führung vom linken Parteiflügel, Trittin müsse sich entweder von dem Zitat distanzieren oder sich entschuldigen. „Zum Ringen um richtige Politik gehört auch notwendiger Streit, aber diese Form der innerparteilichen Auseinandersetzung schadet der Partei“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Partei, Michael Kellner, Tagesspiegel Online. „Es sollte um Inhalte gehen und nicht um Diffamierungen“, forderte Kellner: „Ich würde mich freuen, wenn Jürgen dies klarstellen würde und sich von dem ‚Spiegel’-Zitat distanziert. Anderenfalls wäre eine Bitte um Entschuldigung angemessen.“

Scharfe Kritik an Jürgen Trittin nach Waziristan-Zitat

Der Vergleich grüner Realpolitiker aus Baden-Württemberg mit den radikal-islamischen Taliban zeigt nach Meinung vieler Grüner die Verärgerung von Trittin über den Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in Stuttgart. Kretschmann hatte kürzlich im Bundesrat für den Asylkompromiss gestimmt und so den linken Parteiflügel gegen sich aufgebracht. Aus Baden-Württemberg stammen auch die härtesten Kritiker der maßgeblich auf Trittin zurückgehenden Aufstellung der Grünen im Bundestagswahlkampf 2013. Mit einem dezidiert linken Wahlprogramm und dem Versprechen von Steuererhöhungen hatte die Partei damals schwere Verluste eingefahren. Daraufhin war Trittin nach der Wahl nicht mehr als Fraktionschef angetreten.

Auch Trittins Nachfolgerin Katrin Göring-Eckardt und Parteichef Cem Özdemir, die beide dem Lager der Realpolitiker zugerechnet werden, hatten den Ex-Minister scharf kritisiert. „Ein solcher Vergleich ist geschmacklos“, sagte Göring-Eckard gegenüber „süddeutsche.de“: „So geht man nicht mit Parteifreunden um.“ Politischer Streit könne „auch mal hart in der Sache sein, er sollte aber immer fair und respektvoll geführt werden“. Von ihrem Amtsvorgänger forderte Göring-Eckardt: „Hier bedarf es einer deutlichen Klarstellung.“

"Die Äußerungen von Jürgen Trittin sind völlig überzogen"

Auch Parteichef Özdemir, der selbst aus Baden-Württemberg stammt, forderte eine Klarstellung und Entschuldigung. „Die Äußerungen von Jürgen Trittin sind völlig überzogen“, sagte er dpa: „Ich weiß nicht, welcher Teufel ihn da geritten hat.“ Flügelübergreifend seien viele in der Partei über diese Wortwahl und den Umgang miteinander verärgert.

Aber nicht nur Realpolitiker, die aus Baden-Württemberg stammen, zeigen sich empört. Trittins Bemerkung über den Südwesten und "Radikalrealos" empfinden sie als Angriff auf ihre Politik der Eigenständigkeit, die grundsätzlich auch Koalitionen mit der CDU ermöglicht. So twitterte Tarek al-Wazir, stellvertretender Ministerpräsident der schwarz-grünen Koalition in Hessen und damit eines Regierungsbündnisses, dem Trittin traditionell fernsteht:

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Trittin beschwerte sich inzwischen schriftlich beim „Spiegel“. Es gebe „keine öffentliche Äußerung“ von ihm, die das Land Baden-Württemberg als Waziristan der Grünen charakterisiere. Er habe auch kein solches Zitat autorisiert. Allerdings bestreitet Trittin in dem Brief nicht explizit, dass er sich in der dargestellten Weise geäußert hat.

Mit stark wertenden, verletzenden Bemerkungen hatte sich Trittin schon in der Vergangenheit mehrfach Ärger eingehandelt. Im Jahr 2001 bescheinigte der damalige Bundesumweltminister dem CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer, dieser habe „die Mentalität eines Skinheads und nicht nur das Aussehen“.

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