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Wechsel im Umweltministerium: Röttgens Abschied

Bundespräsident Gauck hat am Dienstag den von der Kanzlerin geschassten Umweltminister Norbert Röttgen abberufen und Peter Altmaier zum Nachfolger ernannt. Wie war das Klima beim Wechsel?

Von Robert Birnbaum

Die Frau Bundeskanzlerin guckt den Herrn Bundespräsidenten streng von der Seite an. „Is’ gut jetzt?!“, sagt ihr Blick. Aber Joachim Gauck hat sich genau überlegt, was er wem zum Amtswechsel im Bundesumweltministerium ins Stammbuch schreiben will. Peter Altmaier, dem Neuen, den Wunsch nach einer „glücklichen Hand“. Norbert Röttgen, dem Entlassenen, eine sanfte Mahnung, nicht nachzukarten: Der Wechsel, auch dieser, sei in der Demokratie „eine republikanische Normalität“. Aber Gauck findet zugleich warme Worte des Lobes für den scheidenden Minister. Ein Satz ist besonders bemerkenswert. „Früher als andere haben Sie erkannt, dass es Zeit für die Energiewende ist“, sagt Gauck. „Dafür sind wir Ihnen dankbar.“ Angela Merkel guckt noch eine Spur finsterer. Früher als andere – früher als sie, zum Beispiel.

Altmaier erscheint mehr betreten als glücklich bei der Zeremonie. „Dir wünsch’ ich alles Gute“, raunt er dem langjährigen Freund nach dem obligatorischen Gruppenfoto zu. Röttgen wirkt ein wenig mitgenommen bei dem ersten öffentlichen Auftreten nach dem Rauswurf. Am Abend vorher hat er in der NRW-Landesgruppe viel seelischen Zuspruch erhalten. Abgeordnete berichteten von erbosten und entsetzen Reaktionen der Basis darüber, wie Merkel ihren Minister und langjährigen Gefolgsmann mit dürren Worten an die Luft gesetzt hat. Der Sozialpolitiker Uwe Schummer wurde besonders deutlich: Für die NRW-CDU sei das ein Affront gewesen, bei den Wählern habe Merkel einen „Vertrauensverlust“ erlitten. „Erst Gauck hat Röttgen die menschliche Geste erwiesen, die wir von Merkel erwartet hätten“, sagt ein nordrhein-westfälischer Abgeordneter.

Jenseits der Stilfrage ist das Bild allerdings differenzierter. Röttgen musste sich erneut breite Kritik daran anhören, dass er sich im Wahlkampf nicht auf NRW festgelegt hat. Und so wenig in der NRW-Gruppe jemand seine Entlassung offensiv verteidigt, berichten Teilnehmer, so deutlich sei doch Verständnis für das Argument der Kanzlerin erkennbar gewesen, dass Röttgen nach der brutalen Wahlschlappe zu geschwächt sei für die Riesenaufgabe Energiewende. In anderen Landesgruppen, etwa bei den Niedersachsen, wurde offen darüber geredet, dass Merkel ihren Minister sicher auch deshalb gefeuert habe, weil sich Beschwerden aus der Wirtschaft häuften.

Für Altmaier beginnt nun der Ernstfall. „Auf geht’s an die Arbeit“, twittert er direkt aus dem Schloss Bellevue, kaum die Ernennungsurkunde in der Hand. Bei der Amtsübergabe am Mittag im Ministerium wirbt er um die Mitarbeiter und versichert ihnen, dass er nicht nur die Energiewende im Auge haben werde, sondern auch alle anderen Umweltfragen. Das Themengebiet ist dem langjährigen Innenpolitiker eher fremd. Umso mehr ist sich Altmaier im Klaren, dass er fachlich auf die Unterstützung des Hauses angewiesen sein wird. Später, vor der Sitzung der Unionsfraktion, sagt er, dass er sich als „Sprecher und Lobbyist“ der Millionen Menschen sehe, denen Umweltschutz am Herzen liege. Und was die Fronten bei der Energiewende angehe – er werde auf alle zugehen: „Wir müssen Gräben zuschütten.“

Röttgen hat zum Abschied aus dem Ministerium herzlichen Applaus der Mitarbeiterschaft mitgenommen. Er ging in seiner Ansprache nicht auf die Entlassung und deren Umstände ein, sondern erinnerte an gemeinsame Erfolge – an Klimakonferenzen und Programme, die wichtig waren, aber nie auf den ersten Seiten der Zeitungen standen. Zwei Stunden später in der Fraktion drückt ihm der eine oder andere die Hand, als er auf seinen zukünftigen Platz als einfacher Abgeordneter in einer der hintersten Reihen geht.

In der Sitzung sagt Merkel, sie sei sich der „politischen und menschlichen“ Tragweite ihrer Entscheidung bewusst gewesen, aber ebenso ihrer Verantwortung als Kanzlerin. Die Fraktion klatscht. Auch Röttgen bekommt Applaus, nachdem Merkel ihm gedankt hat, und von Fraktionschef Volker Kauder die Versicherung, er bleibe ein angesehenes Mitglied der Fraktion. Danach, sagt ein Abgeordneter, ging es zum Tagesgeschäft – der neue Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer wird gewählt, und dann wurde „irgendwas mit Brandzeichen auf Pferdeschenkeln“ aufgerufen.

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