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Politik: Wechsel in Sachsen: Das Comeback des Strippenziehers

Verloren. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) wusste es schon eher als die anderen 234 Delegierten des sächsischen CDU-Landesparteitages in Glauchau.

Verloren. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) wusste es schon eher als die anderen 234 Delegierten des sächsischen CDU-Landesparteitages in Glauchau. "Milbradt hat gewonnen", formten lautlos seine Lippen. Der von ihm entlassene Finanzminister Georg Milbradt (CDU), den er einst abfällig als "miserablen Politiker" bezeichnet hatte, ist als neuer CDU-Landesvorsitzender auf die politische Bühne Sachsens zurückgekehrt.

Dabei hatte Biedenkopf alles versucht, die Wahl des ungeliebten Milbradt zu verhindern. Er wollte die Delegierten von seinem "Gesamtkonzept für einen Führungswechsel" in Sachsen überzeugen. Biedenkopf wiederholte seine Bereitschaft, die Amtsgeschäfte noch vor Ablauf der Legislatur auf einen jüngeren Nachfolger übergeben zu wollen, aber nur "in gemeinsamer Übereinstimmung". Diesmal verfing die Strategie nicht. Den letzten Ausschlag gab die Rede Milbradts, die zu überzeugen vermochte. Dabei sparte der Ex-Finanzminister das Kapitel Biedenkopf, den er mit "lieber Kurt" ansprach, nicht aus und erinnerte ihn an die gemeinsame politische Zeit. Schließlich war es Kurt Biedenkopf, der den 56-jährigen Professor, Finanzwissenschaftler und Volkswirt 1990 von Münster nach Sachsen in sein Kabinett geholt hatte.

In Münster hatte sich Milbradt als Finanzdezernent einen Namen gemacht und sich den "eisernen Steuergroschen" des Bundes der Steuerzahler verdient. Er hielt seinem Regierungschef den Rücken frei, der sich lieber in der Bundespolitik tummelte. Zu spät hat Biedenkopf bemerkt, dass Milbradt, der einen ausgeprägten Machtinstinkt besitzt, längst zur bestimmenden Gestalt hinter den Kulissen geworden war.

Mit der Wahl Milbradts ist nach allgemeiner Auffassung die Frage der Biedenkopf-Nachfolge entschieden. Zwar beharrt Biedenkopf darauf, dass Milbradt lediglich als Parteivorsitzender gewählt worden sei und nun beide nach der Bundestagswahl 2002 gemeinsam den Generationswechsel bewerkstelligen müssten. Milbradt aber verweist auf einen Parteitagsbeschluss. Danach bestimmt Biedenkopf nur noch den Zeitpunkt seines Amtsverzichts, den Rest regeln Partei und Landtagsfraktion. "Wann und wie geht er?" dürfte die einzige, noch unausgesprochene Frage sein.

Ralf Hübner

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