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Hellmut Königshaus.

© picture alliance / dpa

Wehrbeauftragter: "Afghanen müssen für mehr Sicherheit sorgen"

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus spricht im Interview über Konsequenzen des Attentats in Afghanistan.

Welche Konsequenzen muss die Bundesregierung aus dem Selbstmordanschlag in Nordafghanistan ziehen?

Es ist nicht meine Aufgabe, der Bundesregierung Vorgaben zu machen. Aber wir haben in Talokan zum wiederholten Mal erlebt, dass sich Taliban-Kämpfer in der Uniform afghanischer Sicherheitskräfte unseren Soldaten nähern können. Als erste Konsequenz aus dem verheerenden Attentat vom Wochenende muss deshalb im Sinne der Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten sichergestellt werden, dass sich ein solches Vorgehen nicht wiederholen kann. Die afghanische Seite muss dafür sorgen, dass sich verkleidete feindliche Kräfte nicht mehr in ihre Reihen einschleichen können. Hier stehen auch die afghanischen Kommandeure und Einheitsführer in der Pflicht.

Muss die Bundesregierung notfalls den Druck auf die Regierung Karsai erhöhen, damit die afghanische Seite ihre Sicherheitsvorkehrungen verbessert?

Ich hoffe nicht, dass das notwendig ist. Auch die Afghanen haben an diesem Wochenende bitter erfahren müssen, wie gefährlich es werden kann, wenn sich gegnerische Kämpfer einschleichen können. Unsere afghanischen Partner können sich außerdem selbst ausrechnen, was solche Attentate für die Zustimmung der deutschen Bevölkerung zur Bundeswehr-Mission am Hindukusch bedeutet. Sollte sich so etwas wiederholen, wird der Druck aus der Bevölkerung wachsen, den Einsatz zu beenden.

Steht das sogenannte Partnering, also der gemeinsame Einsatz deutscher und afghanischer Soldaten zur Disposition, wenn sich ein derartiges Attentat wiederholt?

Nein. Wenn wir die Sicherheitsverantwortung in Afghanistan wie geplant abgeben wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die afghanischen Kräfte auch dazu in der Lage sind, diese Verantwortung zu übernehmen. Und das Partnering ist für die Ausbildung der afghanischen Soldaten von zentraler Bedeutung.

Hat die Gefährdung der Bundeswehr vor Ort eine neue Qualität erreicht?

Der Selbstmordanschlag vom Wochenende zeigt vor allem eines: Die feindlichen Kräfte haben offenkundig erkannt, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die Auseinandersetzung in offenen Gefechten für sich zu entscheiden. Deshalb versuchen sie nun verstärkt, das Vertrauen zwischen den Nato-Truppen und den afghanischen Partnern zu erschüttern. Das wiederum zeigt, dass das Partnering sie stört – also erfolgreich ist.

Was kann die Bundeswehr selbst unternehmen, um ihre Soldaten besser zu schützen?

Andere Mitglieder der Isaf haben bereits biometrische Verfahren zur besseren Identifizierung entwickelt. Dagegen gibt es auf deutscher Seite offenbar datenschutzrechtliche Bedenken. Ich will das nicht kleinreden. Aber wir müssen im Sinne der Sicherheit unserer Soldaten dann eben Ersatzlösungen entwickeln. Grundsätzlich müssen wir in Zukunft noch mehr als bisher darauf achten, dass wir das Beste, das Sicherste, was wir aufbieten können, dort auch einsetzen.

Der Berliner Hellmut Königshaus wurde im Mai 2010 zum Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags gewählt. Mit dem 60-jährigen FDP-Politiker sprach Stephan Haselberger.

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