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Politik: Wehrpflicht: Männer ohne Waffen

Der Europäische Gerichtshof wird sich erneut mit der deutschen Wehrpflicht befassen. Nachdem sich die Elektroingenieurin Tanja Kreil für das Recht der Frau auf Waffendienst erfolgreich bis nach Luxemburg geklagt hat, geht es wieder um Geschlechter und Diskriminierung.

Der Europäische Gerichtshof wird sich erneut mit der deutschen Wehrpflicht befassen. Nachdem sich die Elektroingenieurin Tanja Kreil für das Recht der Frau auf Waffendienst erfolgreich bis nach Luxemburg geklagt hat, geht es wieder um Geschlechter und Diskriminierung. Diesmal jedoch wehrt sich ein Mann. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wird dem höchsten europäischen Gericht den Fall eines 18-Jährigen vorlegen, der sich von der Wehrpflicht befreien lassen will. Ihretwegen könnten Männer erst später einen Beruf erlernen und in die Arbeitswelt einsteigen, heißt es in dem Beschluss. Der Gerichtshof soll nun entscheiden, ob dies Männer unangemessen benachteiligt.

In Deutschland gibt es seit Jahrzehnten Klagen gegen den Wehrdienst. Die Gerichte geben jenen, die weder zum Bund gehen noch Zivildienst leisten wollen, keine Chance. Und das Bundesverfassungsgericht hat sich schon einmal dazu bekannt, dass Frauen in Sachen Bundeswehr nicht wie Männer behandelt werden dürfen. Dass solche Entscheidungen jedoch nicht endgültig sind, bewies der Fall Tanja Kreil. Die junge Frau aus Hannover berief sich wie jetzt der Wehrpflichtige auf das europäische Diskriminierungsverbot. Dem Inhalt nach ist es nichts anderes als die Feststellung im deutschen Grundgesetz, Männer und Frauen seien gleichberechtigt. Dieser Satz erlaubt aber auch, Ungleiches ungleich zu behandeln, sofern es dafür sachlich begründete Kriterien gibt. Die Argumentation im Fall Kreil, nur Männer seien für den Dienst an der Waffe geeignet, war in Luxemburg nicht haltbar. Im Stuttgarter Verfahren spielen jedoch andere Kriterien eine Rolle. Frauen müssen ebenfalls mit Nachteilen leben, die sie in ihrer beruflichen Entwicklung zurückwerfen. Zum Beispiel Kinderkriegen. Daran hat auch das Stuttgarter Gericht gedacht und gibt die Zweifel am eigenen Beschluss gleich mit auf den Weg nach Luxemburg: "Die Tatsache, dass Frauen im Laufe ihres Lebens im Schnitt 1,3 Kinder gebären, führt durschnittlich zu einer die Dauer des Wehrdienstes übersteigenden beruflichen Ausfallzeit".

Gegen diese Rechnung gibt es natürlich Einwände. Etwa das Privileg, das kinderlose Frauen dann im Hinblick auf eine frühere Berufskarriere genössen. Oder der Umstand, dass Mutterschutz nur von kurzer Dauer sein kann und Erziehungszeiten auch von Männern übernommen werden. Material genug also für einen neuen Rechtsstreit.

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