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Befreit aber nicht frei - Wikileaks-Gründer Julian Assange

© dpa

Wikileaks: Weihnachten mit Fußfessel

Weil für ihn eine Kaution hinterlegt ist, wird Wikileaks-Gründer Julian Assange das Fest nicht im Gefängnis verbringen müssen – aber wirklich frei ist er nicht.

London - Unter den Unterstützern von Julian Assange vor dem Gerichtsgebäude im Zentrum Londons brach schon unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Entscheidung Jubel aus: Der Wikileaks-Aktivist wird Weihnachten nicht hinter Gittern verbringen müssen. Vielmehr wird er das Fest wohl auf einem luxuriösen englischen Landsitz feiern. Wenig später, als die geforderte Kaution bei Gericht eingegangen war, erschien Assange vor dem Gebäude, flankiert von seinen Anwälten, und reckte demonstrativ seinen Arm mit dem Justizbescheid in die Höhe.

Der High Court hatte die vorläufige Haftentlassung gegen eine Barkaution von 200 000 Pfund (rund 235 000 Euro) sowie Sicherheitszahlungen von weiteren 40 000 Pfund genehmigt und damit eine Entscheidung vom Dienstag bestätigt. Zu den Auflagen gehört, dass Assange eine elektronische Fußfessel tragen muss und sich nur auf dem Landsitz seines Freundes Vaughan Smith, dem Gründer des Londoner Frontline-Journalistenclubs, im Südosten Englands aufhalten darf. Der Australier muss seinen Pass abgeben und sich dort auch regelmäßig bei der Polizei melden. Schweden fordert die Auslieferung Assanges wegen Vergewaltigungs- und Missbrauchsvorwürfen.

Die Anwälte des 39-Jährigen halten die Vorwürfe der schwedischen Justiz gegen ihren Mandanten jedoch für politisch motiviert. Assange befürchtet bei einer Überstellung an Schweden eine spätere Auslieferung an die USA, wo ihm ein Prozess wegen der Veröffentlichung von Geheimdepeschen der US-Diplomatie drohen könnte. Ob Assange an Schweden ausgeliefert wird, dürfte erst in einigen Wochen oder gar Monaten entschieden werden. Die britische Justiz will am 11. Januar einen Termin festsetzen.

In erster Instanz war Assange bereits am Dienstag die Freilassung gegen Sicherheitsleistungen garantiert worden. Dagegen war jedoch Berufung eingelegt worden, die das höchste britische Zivilgericht am Donnerstag verwarf. Die Auflagen für Assange erhielt die zweite Instanz im Wesentlichen aufrecht.

Der Anwalt von Assange, Mark Stephens, hatte bereits vor Beginn der Anhörung am Donnerstag gesagt, das Geld liege „bei den Banken bereit“. 200 000 Pfund müssen in bar hinterlegt werden. Assange war von mehreren Prominenten Geld zugesagt worden, darunter vom US-Filmemacher Michael Moore und der Menschenrechtlerin Bianca Jagger. Wer wie viel zu der Kaution beitrug, war zunächst nicht bekannt.

Den Vorwurf sexuellen Missbrauchs hatten zwei Frauen in Schweden erhoben, wo ein besonders strenges Strafrecht für Sexualdelikte gilt. Demnach soll Assange ungeschützten Sex mit den Frauen gehabt haben, obwohl diese das Benutzen eines Kondoms verlangt hätten. Die Unterstützer von Assange halten dies für vorgeschoben und vermuten ein Komplott der USA hinter den Ermittlungen.

Wikileaks hatte in den vergangenen Monaten tausende brisante Dokumente über die Kriege im Irak und Afghanistan sowie diplomatische Depeschen veröffentlicht. Das hatte vor allem die USA in Erklärungsnot gebracht. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Sympathisanten von Wikileaks mit Transparenten wie: „Das Aufdecken von Kriegsverbrechen ist kein Verbrechen“.

Unterdessen prüft einem Bericht der „New York Times“ zufolge auch die US-Justiz, ob sie ein Verfahren gegen Assange einleiten kann. Dabei soll es um Verschwörung und Spionage gehen. Die Frage sei, ob Assange dem inzwischen inhaftierten US-Soldaten Bradley Manning aktiv geholfen hat, vertrauliche Dokumente herunterzuladen. Dem Zeitungsbericht zufolge soll ein Chat-Protokoll vorliegen. Assange soll Manning Zugang zu einem Wikileaks-Server verschafft haben.

Zahlreiche Staaten haben inzwischen den Zugang zu den Wikileaks-Seiten sperren lassen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert dies als unverhältnismäßig. Solche Maßnahmen „verletzen das Recht auf Informationsfreiheit“. So habe die US-Luftwaffe auch den Zugang zu Online-Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften wie „The Guardian“, „Le Monde“, „Der Spiegel“ und „El Pais“ sperren lassen. Auch die US-Kongressbibliothek habe den Zugang zu Wikileaks von ihren Computern unterbunden. Ähnliche Schritte habe es in China, Thailand, Pakistan und Marokko gegeben. (dpa/rtr/AFP)

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