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Weißrussland: Polizei nimmt 20 Regimegegner fest

Die weißrussische Polizei hat nach eigenen Angaben 20 Teilnehmer der Demonstration gegen die Wiederwahl des autoritären Staatschefs Alexander Lukaschenko festgenommen.

Minsk/Berlin - Ungeachtet weiterer Festnahmen hat die Opposition in Weißrussland ihren Protest gegen die Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko verstärkt und ein Zeltlager in Minsk errichtet. Während die Polizei in der Nacht zum Dienstag 20 bis 25 Regimegegner verhaftete, die den Oktoberplatz verließen, bauten die verbliebenen Aktivisten auf dem Platz im Zentrum Zelte auf.

Trotzdem blieb die Furcht vor einem gewaltsamen Eingreifen der Sicherheitskräfte präsent. «Die Staatsmacht lässt uns ein, zwei Tage gewähren, um dann durchzugreifen», sagte der unterlegene Kandidat der Opposition, Alexander Milinkewitsch. Aus dem Ausland gab es erneut Forderungen nach Sanktionen gegen das Regime Lukaschenkos.

Das nach dem Vorbild der Orangenen Revolution in der Ukraine errichtete Lager wuchs bis zum Dienstagmittag auf 15 Zelte an, die von 300 meist jugendlichen Oppositionellen geschützt wurden. Ähnlich wie in Kiew versorgten Sympathisanten die Jugendlichen mit Essen. Orthodoxe Priester der nicht offiziell registrierten Autokephalen Kirche Weißrusslands hielten einen Gottesdienst ab und beteten «für die Teilnehmer der Aktion, die weißrussische Regierung, die Armee und die Polizei, die uns bewacht».

Zu den in der Nacht Festgenommenen zählte auch der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatoli Lebedko. Aus Oppositionskreisen hieß es, die Festgenommenen gehörten zum Wahlkampfstab von Milinkewitsch. Die Polizei dementierte dies. Milinkewitsch rief seine Anhänger für Dienstagabend zu einer weiteren Kundgebung auf. An den Vorabenden hatten sich jeweils etwa 10 000 Menschen versammelt. Sie protestierten gegen den Wahlsieg Lukaschenkos, der 82,6 Prozent der Stimmen für sich in Anspruch nahm, und forderten Neuwahlen.

Die Demonstrationen seien ein ermutigendes Signal, sagte der Schriftsteller Valentin Akudowitsch. Einen Machtwechsel wie in der benachbarten Ukraine schloss er aber aus. «Die Polizeikräfte werden die Zelte und die Demonstranten vom Platz verschwinden lassen, sobald die Staatsführung den Befehl dazu gibt», sagte Akudowitsch der dpa.

In Berlin sprachen sich Politiker von Union und SPD für Sanktionen gegen Lukaschenko aus. «Gegen eine Ausweitung der Einreiseverbote ist nichts einzuwenden, wenn das selektiv geschieht und die richtigen Leute aus dem Umfeld von Lukaschenko getroffen werden», sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, der «Berliner Zeitung». Auch sein Unions-Kollege Eckart von Klaeden (CDU) nannte Sanktionen angemessen. «Die EU darf diese Pervertierung der Wahlen im sowjetischen Stil nicht hinnehmen und zur Tagesordnung übergehen», sagte er.

In Moskau begrüßte der Vorsitzende des Föderationsrates, Sergej Mironow, offiziell die «überzeugende Wiederwahl» Lukaschenkos. Damit könne die russisch-weißrussische Union ausgebaut werden. Beobachter äußerten indes die Ansicht, dass Russland mit öffentlichem Eingreifen in die weißrussische Wahl vorsichtiger sei als vor 15 Monaten in der Ukraine. «Der Kreml hält sich offenkundig zurück, weil die Russen im G8-Jahr nicht als undemokratisch gelten wollen», sagte der Politologe Valeri Karbalewitsch vom weißrussischen Zentrum Strategija. (tso/dpa)

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