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Politik: Weiterer Schritt zur Einigung Europas vollzogen

Eigentlich ist es sensationell, doch niemand scheint die politische Tragweite des Ereignisses wahrzunehmen: Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat am Mittwoch in Brüssel eine neue Etappe der europäischen Einigung begonnen - der Start zu einer gemeinsamen Sicherheitspolitik der Europäischen Union. In den mehr als vierzig Jahren ihrer Geschichte war die EU vor allem eine Wirtschaftsgemeinschaft.

Eigentlich ist es sensationell, doch niemand scheint die politische Tragweite des Ereignisses wahrzunehmen: Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat am Mittwoch in Brüssel eine neue Etappe der europäischen Einigung begonnen - der Start zu einer gemeinsamen Sicherheitspolitik der Europäischen Union. In den mehr als vierzig Jahren ihrer Geschichte war die EU vor allem eine Wirtschaftsgemeinschaft. Doch inzwischen nimmt nicht nur die gemeinsame Außenpolitik, sondern auch die Sicherheits- und Verteidigungspolitik konkrete Gestalt an. Am Mittwoch hat der beim EU-Gipfel in Helsinki ins Leben gerufene Sicherheitspolitische Ausschuss im Gebäude des EU-Ministerrats in Brüssel die Arbeit aufgenommen.

Vorläufig nennt er sich zwar noch "Interimsausschuss", da die endgültige Struktur und Arbeitsweise im EU-Vertrag rechtlich verankert werden müssen. Das wird Aufgabe der gegenwärtig tagenden Regierungskonferenz sein, die bis Ende des Jahres die Reform der EU-Institutionen unter Dach und Fach bringen soll. Die Arbeit der sicherheitspolitischen Gremien kann aber schon jetzt beginnen. Unter dem Eindruck der Kosovo-Krise hatte der Europäische Rat im Dezember in Helsinki beschlossen, die Strukturen für eine gemeinsame EU-Sicherheitspolitik aufzubauen, um Europa auch militärisch handlungsfähig zu machen. Spätestens im Jahr 2003 soll die EU über eine Eingreiftruppe von 60 000 Mann verfügen.

Der Sicherheitspolitische Ausschuss, der jetzt in Brüssel seine Arbeit aufnimmt, wird sich in erster Linie dem Aufbau der Eingreiftruppe und der Planung des militärischen und zivilen Krisenmanagements widmen, aber auch generell die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU (im Brüsseler Jargon: Gasp) vorbereiten. Deutschland ist in dem hochrangigen Gremium vorläufig durch Botschafter Klaus Neubert vertreten, der im Berliner Auswärtigen Amt gleichzeitig für Abrüstung zuständig bleibt. Der Schwerpunkt seiner Arbeit wird jedoch zweifellos Brüssel sein, da er nicht nur an den wöchentlichen Sitzungen des Sicherheitspolitischen Ausschusses teilnehmen wird, sondern auch an den Brüsseler Treffen der politischen Direktoren der Außenämter. Außerdem wird er auch die Ministerräte vorbereiten, die sich mit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik befassen..

Bei der Eröffnungssitzung am Mittwoch übernahm der portugiesische Vertreter in seiner Eigenschaft als EU-Ratspräsident den Vorsitz. Das anschließende gemeinsame Mittagessen mit Javier Solana, dem Hohen Repräsentanten der EU-Außenpolitik, zeigte aber, wie die endgültige Arbeitweise sein könnte: Deutschland und Frankreich wollen nämlich, dass vor allem Solana künftig die Fäden der Außen- und Sicherheitspolitik in den Händen hält. Der Hohe EU-Repräsentant, der gleichzeitig in Personalunion die Funktion des Generalsekretärs der Westeuropäischen Union (WEU) wahrnimmt, soll deshalb auch den Sicherheitspolitischen Ausschuss der EU leiten.

Den Beamten aus den Auswärtigen Ämtern wird, so wurde in Helsinki beschlossen, nach dem Vorbild der Nato ein Militärausschuss zur Seite gestellt. In der nächsten Woche wird - als eine Art Vorläufer - der Interimsausschuss der militärischen Vertreter die Arbeit aufnehmen. Das Verteidigungsministerium hat Generalleutnant Klaus Wiesmann, der Deutschland auch gleichzeitig im Brüsseler Militärausschuss und in der WEU vertritt, in das neue Gremium entsandt.

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