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Politik: Weizsäcker: Gedenken wir international Altbundespräsident gegen „immer neue nationale Selbstbeschäftigung“ / Gottesdienst in Buchenwald

Berlin Unmittelbar vor der zentralen Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers in Buchenwald hat Altbundespräsident Richard von Weizsäcker appelliert, bei der Auseinandersetzung mit der Geschichte die Internationalisierung der deutschen Politik in den Vordergrund zu rücken.

Berlin Unmittelbar vor der zentralen Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers in Buchenwald hat Altbundespräsident Richard von Weizsäcker appelliert, bei der Auseinandersetzung mit der Geschichte die Internationalisierung der deutschen Politik in den Vordergrund zu rücken. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag sagte Weizsäcker auf die Frage, ob wir zu viel zurückschauen: „Es ist eine gewisse Besessenheit bei der Beschäftigung mit diesen Fragen entstanden, die die veränderten Bedingungen nicht angemessen berücksichtigt. Das Entscheidende ist die Internationalisierung, nicht die immer neue nationale Selbstbeschäftigung damit.“ Dass international zusammen mit allen ehemaligen Kriegsgegnern der Vergangenheit gedacht werde, sei neu. „Zwischen Polen und uns, dem wichtigsten nachbarlichen Problem der Auseinandersetzung, ist dies erst nach dem Ende des Kalten Krieges möglich geworden.“ Als Bundespräsident hatte von Weizsäcker vor zwanzig Jahren in seiner Rede zum 8. Mai, dem Tag des Kriegsendes, erklärt, der Tag sei für die Deutschen ein Tag der Befreiung.

Knapp einen Monat vor dem 60. Jahrestag des Kriegsendes findet die zentrale Gedenkfeier zur Befreiung von Buchenwald an diesem Sonntag in Weimar statt. Schon am Samstag wurde mit einem ökumenischen Gottesdienst in Buchenwald an die Opfer des Konzentrationslagers erinnert. Ehemalige Häftlinge und zahlreiche Gäste beteiligten sich an dem Gedenken an der Rampe des ehemaligen Lagerbahnhofs. „Lasst die Hoffnung nach der Befreiung nicht vergeblich sein“, sagte der evangelische Landesbischof Christoph Kähler.

Weizsäcker rief dazu auf, Europas Einigung mit Blick vor allem auf die Zukunft zu sehen. Deutschland sei umringt von neun Nachbarn, „ohne dass einer von ihnen vor uns Angst hätte oder wir uns von einem von ihnen bedroht fühlen. Erst damit ist die offene deutsche Frage beantwortet“. Er riet zudem dazu, der Türkei den Weg in die EU möglichst nicht zu verstellen. „Sie ist das einzige muslimische Land mit einer nach unseren Demokratieprinzipien frei gewählten Regierung. Ihr Verhandlungen über ihre langfristigen Beziehungen zu Europa zu verweigern, widerspricht nicht nur unseren alten Zusagen, sondern auch unseren gegenwärtigen und zukünftigen Interessen.“

Weizsäcker warnte davor, ein Scheitern der EU-Verfassung in der Abstimmung im Mai in Frankreich überzubewerten. Das Votum stehe vor Schwierigkeiten mit innenpolitischem Ursprung. „Natürlich lebt die Europäische Union weiter, unabhängig vom Ausgang von Referenden oder Wahlen.“ Viel wichtiger sei die Annäherung an eine gemeinsame Außenpolitik. „Die wird durch die Verfassung gar nicht hergestellt.“ Auf die Frage, ob die Volksbefragungen ein unnötiges Risiko seien, antwortete der Altbundespräsident: „Sie sind keine Erleichterung, aber natürlich demokratisch legitim. “ Tsp

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