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Politik: Welt-Aids-Kongress: Der südafrikanische Präsident Mbeki muss auch Kritik von Nelson Mandela einstecken

Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela hat beim Abschluss der Welt-Aids-Konferenz zum vereinten Kampf gegen die Krankheit aufgerufen. Mit Blick auf die in Südafrika schwelende Debatte um den Auslöser von Aids forderte er, die Gräben zu überwinden.

Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela hat beim Abschluss der Welt-Aids-Konferenz zum vereinten Kampf gegen die Krankheit aufgerufen. Mit Blick auf die in Südafrika schwelende Debatte um den Auslöser von Aids forderte er, die Gräben zu überwinden. "Angesichts der großen Herausforderung durch HIV und Aids müssen wir über Unterschiede hinwegsehen und unsere Anstrengungen vereinigen, um die Menschen zu retten. Die Geschichte wird uns hart bestrafen, wenn wir das jetzt nicht tun", sagte der Ex-Präsident von Südafrika am Freitag in Durban.

Mandela, der zum ersten Mal in die Debatte eingriff, kritisierte damit indirekt auch Südafrikas Präsident Thabo Mbeki. Er hatte Zweifel geäußert, dass der HI-Virus tatsächlich Aids hervorrufe. Viele Teilnehmer der Konferenz kritisierten die Reaktion der südafrikanischen Regierung auf die Aids-Epidemie im eigenen Land. Vertreter von 5000 Wissenschaftlern, darunter 12 Nobelpreisträger, betonten, dass es für sie keinen Zweifel an einem Zusammenhang zwischen dem HI-Virus und Aids gebe. Die Beweislage sei eindeutig und medizinisch belegt.

Die Forscher wandten sich mit ihrer Erklärung gegen eine von Mbeki unterstützte Gruppe von Aids-Dissidenten, die behauptet, Aids werde zumindest in Afrika nicht durch den HI-Virus, sondern vor allem durch Armut und Unterernährung verursacht. Aus diesem Grund weigert sich die südafrikanische Regierung auch, infizierten schwangeren Frauen das Medikament AZT zu finanzieren, das nach Ansicht von Wissenschaftlern in vielen Fällen eine Übertragung des Virus auf das ungeborene Kind verhindert. Zudem warfen die Wissenschaftler Mbeki und der Dissidenten-Gruppe vor, die jetzt schon besorgniserregende Situation in Südafrika und auf dem Rest des Kontinents zu verschärfen.

Eigentlich hatten die Forscher ihre Erklärung bereits am vergangenen Sonntag abgeben wollen. Doch sie war im letzten Moment, angeblich auf Druck der südafrikanischen Regierung, abgesagt worden, die ihren Wissenschaftlern bei einer Teilnahme mit Entlassungen und der Streichung von Forschungsmitteln gedroht haben soll. Gegenwärtig sind in Südafrika 4,3 Millionen Menschen und damit rund 10 Prozent der Gesamtbevölkerung an HIV erkrankt. Über 330 000 davon haben sich allein in diesem Jahr angesteckt. Nach jüngsten Schätzungen infizieren sich am Kap derzeit jeden Tag rund 1700 Menschen mit dem Aids-Virus - fast genau so viele wie in Deutschland in einem ganzen Jahr. Fast alle von ihnen werden sterben, weil sich Südafrika die im Westen verwendeten Anti-Aids-Medikamente nicht leisten kann. Die Versuche der Regierung, billigere Mittel durch einen Bruch des Patentrechts zu erhalten, sind bislang von der Pharmaindustrie gerichtlich blockiert worden.

Daher erwägt die südafrikanische Regierung zurzeit die Verabschiedung eines Gesetzes, das ihr erlauben würde, Nachahmer-Medikamente zur Behandlung von HIV und Aids herzustellen oder billig aus Indien und Brasilien zu importieren. Allerdings haben sich internationale Pharma-Firmen kürzlich bereit erklärt, stark verbilligte oder gar kostenlose Medikamente zur Verfügung zu stellen. Südafrika ist im Rahmen der Konferenz von vielen Delegierten wiederholt beschuldigt worden, die schwere Aids-Krise am Kap zu ignorieren. Viele werfen Mbekis Regierung vor, in den letzten Jahren mit einer konfusen Strategie kostbare Zeit vergeudet zu haben: So finanzierte die Regierung eine Gruppe einheimischer Wissenschaftler, die vorgab, ein revolutionäres Anti-Aids-Mittel entwickelt zu haben, das sich später aber als industrielles Lösungsmittel entpuppte. Für Ernüchterung sorgte zudem ein Bericht des Instituts für Sicherheitsstudien in Pretoria, in dem darauf verwiesen wurde, dass die hohe Zahl an Aids-Waisen zu einem weiteren Anstieg der bereits jetzt hohen Kriminalität am Kap führen könnte.

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