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Weltbank-Affäre: Europäer putschen gegen Wolfowitz

Die Luft für Weltbank-Präsident Wolfowitz wird immer dünner. Nun sollen mehrere europäische Regierungen in Washington vorstellig geworden sein - mit dem Angebot, weiterhin einen Chef aus den USA zu akzeptieren, falls Wolfowitz seinen Hut nimmt.

Washington/Brüssel - Der Druck auf den der Vetternwirtschaft beschuldigten Weltbank-Präsidenten Paul Wolfowitz wird immer größer. Nach Medienberichten ist ein vom Exekutivrat der Bank eingesetzter Untersuchungsausschuss zu dem Schluss gekommen, dass Wolfowitz ethische Regeln verletzte, indem er eine Beförderung für seine Lebensgefährtin arrangierte.

Wie die "New York Times" unterdessen meldete, streben führende Regierungen in Europa einen "Handel" mit den USA an, um einen Rücktritt von Wolfowitz zu erreichen. Danach wollen die Europäer weiterhin akzeptieren, dass die US-Regierung den Weltbank-Chef auswählt - aber nur dann, wenn Wolfowitz freiwillig sein Amt aufgibt. Der Kompromiss ziele darauf ab, eine Spaltung im Exekutivrat bei der bevorstehenden Entscheidung über die Zukunft von Wolfowitz zu verhindern.

"Wir können damit leben"

"Wir sind bereit zu sagen: O.k., Ihr (die US-Regierung) findet einen Amerikaner, der die Institution leitet, und wir können damit leben", zitierte die Zeitung einen namentlich nicht genannten hochrangigen europäischen Beamten. Noch vor kurzem hatten europäische Vertreter angedeutet, dass sie die bisherige Tradition bei der Besetzung der Weltbank-Spitze nicht mehr länger hinnehmen wollen.

Wolfowitz hatte nach dem Wechsel zur Weltbank 2005 seiner ebenfalls bei der Einrichtung tätigen Freundin Shaha Riza einen deutlich höher bezahlten Posten mit einer automatischen jährlichen Gehaltserhöhung beschafft. Den Medienberichten zufolge wurde ihm Zeit bis zum Dienstagabend eingeräumt, um auf die Schlussfolgerungen des vom Exekutivrat eingesetzten Untersuchungsausschusses zu antworten. Danach muss der Exekutivrat entscheiden.

Kellems verlässt das sinkende Schiff

Der niederländische Finanzminister Wouter Bos antwortete am Rande eines Treffens der europäischen Finanzchefs in Brüssel auf die Frage, ob der Druck auf Wolfowitz durch den Ausschuss-Report gestiegen sei, mit "Ja". Die konkreten Resultate der Untersuchungen müssten aber zunächst noch abgewartet werden. Ähnlich äußerte sich auch sein belgischer Amtskollege Didier Reynders.

Bereits am Montag hatte ein Spitzenberater von Wolfowitz, Kevin Kellems, seine Kündigung eingereicht. Kellems war für Kommunikationsstrategien zuständig und hatte nach Bekanntwerden der Vetternwirtschaft-Vorwürfe seinen Chef zunächst entschieden verteidigt. In den vergangenen Tagen war er jedoch still geworden. In einer kurzen Erklärung begründete er seine Kündigung mit den Worten, er könne angesichts der gegenwärtigen Krise um Wolfowitz sein Amt nicht mehr effektiv genug ausüben. (tso/dpa)

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