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Politik: Weniger Schulden und Schwimmbäder

Stuttgarts Finanzminister hat nichts dagegen, dass der Osten Geld aus dem Solidarpakt nicht mehr investiert

Stuttgart/Berlin - Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) schlägt vor, die Mittel aus dem Solidarpakt für die neuen Länder nicht nur für Investitionen einzusetzen. „Es wäre sicherlich überlegenswert, wenn die Mittel aus dem Solidarpakt auch für den Schuldenabbau in den neuen Bundesländern verwendet werden könnten. Im Jahr 2020 steht ein Land besser da, wenn es einen soliden Haushalt vorweisen kann, als wenn es ein weiteres Schwimmbad hat“, sagte Stratthaus dem Tagesspiegel. Den Vorschlag einiger Ost-Ministerpräsidenten und von Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD), die Mittel zielgerichteter auszugeben, hieß Stratthaus ebenfalls gut. „Ich bin sehr froh, dass es bei den ostdeutschen Politikern in den letzten Monaten zu einem Umdenken gekommen ist: Weg von der Förderung mit der Gießkanne, hin zu einer gezielten Förderung von Branchen und Regionen, in denen sich die Wirtschaft bald selbst tragen kann.“ Ziel müsse die möglichst schnelle Stärkung der eigenen Finanzkraft der ostdeutschen Länder sein. „Ich plädiere dabei für einen flexiblen Einsatz der Mittel.“

Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder hatten sich zum Wochenbeginn mit Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe (SPD) darauf verständigt, neue Kriterien zum Einsatz der Solidarpaktmittel des Westens bis 2019 zu erarbeiten. Dabei spielt auch die Frage der Schuldentilgung eine Rolle. Bis auf Sachsen haben alle ostdeutschen Länder in der Vergangenheit hohe Schuldenberge angehäuft - und benutzen jetzt Teile der Solidarpaktmittel zur Zinszahlung. Dafür wurden sie mehrfach auch von der Bundesregierung scharf kritisiert. Ihre Gegenargumente: Die gesetzlichen Belastungen (Pensionszahlungen oder Betreuungsaufgaben) sind mittlerweile so groß, dass dem Osten gar nichts anderes übrig bleibt, als die Solidarpaktgelder zur Finanzierung von Haushaltslücken statt für Investitionen auszugeben. Genau das aber verlangen die bisher geltenden Regeln des Paktes.

Um die Verschuldungsfalle der Länder aufzubrechen und ihnen wieder mehr Investitionsspielraum zu verschaffen, fordert der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, sogar, dass der Bund den Ost-Ländern eine Teilentschuldung anbietet. „Ansonsten müssen die Länder die Mittel aus dem Solidarpakt II auch weiterhin für ihre Schuldentilgung nutzen“, sagte Blum dem Tagesspiegel. Dabei sei es nötig, die Gelder verstärkt in die Infrastruktur, vor allem die Forschungsinfrastruktur, zu investieren. „Die Förderung der Einzelbetriebe könnte dann das Sahnehäubchen obendrauf sein“, sagte Blum.

Ob sich die ostdeutschen Länder mit der Bundesregierung letztlich auf ein gemeinsames Regelwerk zur Verwendung der Solidarpaktmilliarden (156 Milliarden Euro bis 2019) verständigen können, ist ungewiss. Denn auf beiden Seiten wird befürchtet, dass eine formale Öffnung der Solidarpaktvereinbarung dazu führen könnte, dass neue Forderungen von einzelnen Ländern oder vom Bund gestellt werden – oder aber von Zahlerländern, wie Baden-Württemberg, der gesamte west-östliche Finanzstrom infrage gestellt wird.

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