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Politik: Wenn Barak Frieden will, muss er Shas vor die Tür setzen (Kommentar)

Israels Ministerpräsident Ehud Barak bleiben nach der mehr symbolischen Abstimmungsniederlage in der Knesset drei Alternativen: Er kann zurücktreten und damit Neuwahlen auslösen - das ist sehr unwahrscheinlich. Oder er stellt eine neue, kleinere, aber handlungsfähigere Regierungskoalition zusammen - doch das will er nicht.

Israels Ministerpräsident Ehud Barak bleiben nach der mehr symbolischen Abstimmungsniederlage in der Knesset drei Alternativen: Er kann zurücktreten und damit Neuwahlen auslösen - das ist sehr unwahrscheinlich. Oder er stellt eine neue, kleinere, aber handlungsfähigere Regierungskoalition zusammen - doch das will er nicht. Oder er rückt von seinem politischen Ziel ab, den Frieden in Nahost zu ermöglichen. Doch das kann er kaum - selbst wenn er es wollte. Schließlich braucht Barak nicht nur diesen Frieden, sondern auch die weltweite und vor allem die US-amerikanische Rückendeckung für seine Politik.

Doch Barak, der ehemalige Generalstabschef, der noch relativ neu im politischen Geschäft ist, hat sich selbst in diese unmögliche Situation hineinmanövriert. Seine Regierungskoalition droht von inneren, ideologischen Gegensätzen zerrissen zu werden. Besonders gefährlich ist in dieser Situation, dass sich Barak auf eine Partei stützen muss, die ihresgleichen in der westlichen Demokratie sucht: die ethnisch-religiöse Schas-Partei. Seit jeher - auch unter den Vorgängerregierungen Schamir, Rabin, Peres, Netanjahu - stimmt diese Partei wie eine Oppositionsgruppierung, fordert aber Zahlungen aus der Staatskasse wie ein Koalitionpartner. Sie ist exakt das, was man ein unzuverlässiges Element zu nennen pflegt. Doch Barak weigert sich bisher beharrlich, dies einzusehen.

Wenn Barak aus dieser Abstimmungsniederlage die notwendigen internen Konsequenzen zieht, dann kann er danach auch den entstandenen außenpolitischen Schaden wieder gutmachen. Die Knesset hat entschieden, dass es eine Rückgabe des Golan im Rahmen eines Friedensvertrages mit Syrien nur geben kann, wenn dies in einer Volksabstimmung gebilligt wird. Damit hat sich die israelische Außenpolitik selbst gefesselt. Die labile Demokratie hat so einen schweren Schlag erlitten.

Die Entscheidung der Knesset hat der arabischen Welt, insbesondere Syrien, signalisiert, dass sie den Besitz der Golanhöhen einem Friedensvertrag vorzieht. Doch solche martialischen Bekundungen haben in Israel oft ein rasches Verfallsdatum. Von dem pragmatisch-charismatischen früheren Kriegshelden Moshe Dayan ist die prägnante Formel überliefert "Lieber Sharm-el-Sheikh ohne Frieden als Frieden ohne Sharm-el-Sheikh". Doch kurz danach war es Moshe Dayan, der seinen Regierungschef Menachem Begin drängte, für den Frieden mit Ägypten die gesamte Sinaihalbinsel samt Sharm-el-Sheik zu räumen.

Was damals mit Ägypten ging, das kann auch nun mit Syrien funktionieren. Voraussetzung ist die israelische Bereitschaft, den besetzten Golan zurückzugeben. Weil es zumindest möglich ist, dass sich die israelische Politik und die öffentlich Meinung dazu durchringen, ist auch die in diesen Tagen viel beschworene Wiederaufnahme der Verhandlungen sinnvoll. Vorbedingung für deren Erfolg aber ist, dass die israelische Regierung endlich mit einer Zunge spricht und entsprechend der vom Regierungschef vorgegebenen Linien handeln kann. Barak wird deshalb kaum um eine interne Flurbereinigung herumkommen.

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