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Politik: Wenn der König Kunde ist

Bundesregierung hält deutsche Ausbildung saudischer Grenzer für in Ordnung

Berlin - Die Bundesregierung hat den von der Opposition und der Gewerkschaft der Polizei kritisierten Einsatz deutscher Polizisten in Saudi-Arabien verteidigt. „Ich habe keinen Anlass, meine Bewertung irgendwie zu verändern“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Medienberichte, die über heikle Details der Trainingsmission informierten, wollte er nicht kommentieren.

Seit 2009 sind Bundespolizisten in Saudi-Arabien im Einsatz, um Grenzschützer auszubilden. Die Mission steht im engen Zusammenhang mit einem Großauftrag für den Konzern EADS. Dessen Rüstungssparte baut eine High-Tech-Grenzanlage in Saudi-Arabien auf. Das Regime in Riad scheint den Vertragsabschluss mit EADS an die Zusicherung eines Trainings für seine paramilitärische Grenztruppe durch deutsche Polizisten gebunden zu haben.

Die Rüstungssparte von EADS teilte auf Anfrage des Tagesspiegels mit, dass sie keine Fragen zu dem Projekt beantworten werde. Das Bundesinnenministerium gab an, dass Saudi-Arabien den Grenzschutz verbessern wolle und mit EADS und der Bundespolizei zwei Partner gefunden habe. Wie stark diese Partner kooperieren, blieb offen. Die Opposition spricht von „Industrieförderung durch die deutsche Polizei“.

Das ist aber nicht der einzige Kritikpunkt: „Es gibt keine vertragliche Grundlage“, sagte Wolfgang Wieland, Innenexperte der Grünen, dem Tagesspiegel. „Die Regierung hat Saudi-Arabien eine Art Blankoscheck ausgestellt.“ Die Grünen befürchten, dass die saudische Regierung die Grenzpolizei nutzen könnte, um Proteste niederzuschlagen.

Die Bundesregierung sieht das anders. Der saudische Grenzschutz sei eine „eigenständige Polizeibehörde“, die „ausschließlich Aufgaben der Grenzsicherung wahrnimmt“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Es bestehe „gar kein Anlass, den Einsatz infrage zu stellen“. Das tun mittlerweile jedoch sogar die Ausbilder vor Ort. Projektteilnehmer berichteten dem ARD-Magazin „Fakt“, dass von Deutschen ausgebildete Offiziere an einem Luftschlag im saudisch-jemenitischen Grenzgebiet beteiligt waren. Dort kämpfen Aufständische des Huthi-Clans, der auf beiden Seiten der Grenze lebt, gegen die jemenitische Regierung. Saudi-Arabien unterstützte das Nachbarland mit Militäroperationen. Dazu lägen ihm keine Erkenntnisse vor, sagt Steegmans. Eine Kontrolle, wofür die saudischen Grenzer eingesetzt werden, gibt es anscheinend nicht.

Auch die Bundespolizei scheint den Saudis keine Vorgaben zu machen. In einem ihrer internen Dokumente, das „Fakt“ zeigte, heißt es: „Wichtig ist, was der Kunde will und nicht, was wir wollen oder gerne hätten. Der Kunde ist eben im wahrsten Sinne des Wortes König.“

Der saudische König will sichere Grenzen – und gibt dafür viel Geld aus. Allein aus Deutschland bezog das Regime 2009 Rüstungsgüter im Wert von 176 Millionen Euro. Darunter waren laut Rüstungsexportbericht „Bodenüberwachungsradar und Teile für Feuerleiteinrichtungen, Ausrüstung für Gegenmaßnahmen“.

Im Norden stehen bereits 900 Kilometer der Grenzsicherungsanlage. Im kommenden Jahr solle die „Modernisierung auch in anderen Regionen des Landes beginnen“, teilt das Innenministerium mit. Die deutschen Polizisten sollen wohl trotz aller Kritik noch eine lange Zeit in Saudi-Arabien bleiben.

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