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Politik: Wenn die Impfung teurer ist als das Huhn

Mastbetriebe wollen Tiere nicht behandeln. Vögel im Zoo will das Ministerium aber retten

Kaum ist eine Tierseuche ausgebrochen, gibt es gleich Streit ums Impfen. Mit einer vorsorglichen Impfung gegen die Geflügelpest könnte das massenhafte Töten der Tiere vermieden werden, argumentieren die Impfbefürworter. Dagegen spricht unter anderem, dass die Europäische Union nach ihren derzeitigen Regeln zur Seuchenbekämpfung sofort ein umfassendes Exportverbot verhängt, wenn Tiere geimpft werden. Den Preis halten Impfgegner für zu hoch. Ob das so bleibt, wird am kommenden Mittwoch im Europaparlament zum wiederholten Mal Thema sein. Zwar ist das Impfen dort auf die Tagesordnung gekommen, weil vor bald zwei Jahren die Maul- und Klauenseuche in Großbritannien ausgebrochen war und die Öffentlichkeit wochenlang mit Bildern brennender Tierhaufen konfrontiert wurde. Aber nach dem Ausbruch der Geflügelpest in den Niederlanden, Belgien und vermutlich auch in Deutschland passt das Thema ja wieder.

Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (Grüne) hat nun in einem Brief an EU-Verbraucherkommissar David Byrne auf eine Änderung bei der Seuchenbekämpfung gedrungen. Man müsse von dem Prinzip Töten statt Impfen in der Zukunft wegkommen, findet sie. Höhn will erreichen, dass zumindest innerhalb einer Region nach einer Impfaktion weiter Handel betrieben werden darf, wie sie der Nachrichtenagentur AP sagte. „Es ist nicht einsehbar, dass der Export für ganz Deutschland verboten wird, wenn nur in bestimmten Regionen geimpft wird“, sagte sie.

Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) ist allerdings skeptisch, ob eine Impfung sinnvoll ist. Denn zum einen gibt es gegen das Virus, das die Geflügelpest in den Niederlanden ausgelöst hat, noch keinen wirksamen Impfstoff. Außerdem könne ein Impfstoff das Virus nicht abtöten, es werde lediglich unterdrückt, was die Unterscheidung von geimpften und infizierten Tieren fast unmöglich mache, sagte eine Sprecherin des Berliner Ministeriums. Auch Michael Lohse, Sprecher des Deutschen Bauernverbands, der bei der Maul- und Klauenseuche ebenfalls für das Impfen plädiert hatte, hält dies bei der Geflügelpest für schwierig. Der Experte für Lebensmittelsicherheit bei der grünen Europafraktion, Oliver Emmes, sagt warum: „Hühner sind einfach zu billig.“ Die Entwicklung eines Impfstoffes ist teuer, und am Ende könnte eine Immunisierung mehr kosten als das ganze Tier. Deshalb hält es Emmes, „so zynisch das ist“, für unwahrscheinlich, dass irgendein Geflügelzüchter bereit wäre, die Kosten für eine Vorsorgeimpfung zu tragen, selbst wenn das kein Exportverbot nach sich zöge.

Ganz anders sieht das allerdings bei wertvollen Brieftauben, seltenen Vögeln oder Zootieren aus. Denn bisher würde auch die Impfung von Zootieren ein Exportverbot für jegliches Geflügel nach sich ziehen. Zumindest um eine solche Ausnahme will sich das Berliner Ministerium in Brüssel bemühen. Denn auch massenhaft Papageien oder Flamingos zu töten, „leuchtet wirklich niemandem mehr ein“, sagt Emmes.

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