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Politik: Wenn Opfer zu viel Gleichheit fürchten

Ein Konflikt um das Gedenken in Sachsen erreicht die Bundes-Union

Irritationen um das Gedenken in Sachsen strahlen nun auch bis Berlin aus. Die Unionsfraktion im Bundestag zog am Mittwoch einen Antrag zurück, der am morgigen Freitag im Bundesrat behandelt werden sollte. Er war unter Federführung des ostdeutschen CDU-Abgeordneten Günter Nooke entstanden, und darin steht unter anderem: „… der Bund sollte in viel stärkerem Maße als bisher Gedenkstätten und Projekte zur Erinnerung an die SED-Diktatur und den Widerstand gegen sie fördern, wenn sie von nationaler Bedeutung sind“. Es wird ausdrücklich eine „Anknüpfung“ an das entsprechende sächsische Gesetz empfohlen.

Aber genau letzteres ist derzeit heftig umstritten und deshalb als Vorbild aus CDU/CSU-Sicht ungeeignet. Aus Protest gegen das Gesetz waren in Sachsen gleich drei Organisationen aus den Gremien der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten ausgetreten: der Verband der Verfolgten des Nationalsozialismus, der Zentralrat der Juden sowie die Vertreter der Sinti und Roma. Weil das Gesetz nach Ansicht der Kritiker den Stasi-Gedenkstätten des Landes eine Sonderstellung einräume und die Stiftung die Verbrechen der Nazi-Zeit mit denen der kommunistischen Willkür gleichsetze, entstand ein Konflikt zwischen den Vertretern der Opfer beider deutscher Diktaturen. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrates der Juden, beklagte sich zudem darüber, dass entsprechende Briefe von ihm an Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) verschlampt oder flapsig beantwortet worden seien. Dafür zumindest hat sich Milbradt entschuldigt.

Korn sagte dem Tagesspiegel, er setze nun auf ein Gespräch zwischen Milbradt und dem Zentralratsvorsitzenden Paul Spiegel. Wenn dies sachlich verlaufe und in dem Gesetz künftig nicht mehr pauschal von einer doppelten Vergangenheit die Rede sei, könne er sich einen Wiedereintritt in die Stiftung vorstellen. Doch der Konflikt könne nur im Einvernehmen mit den anderen betroffenen Opfergruppen beigelegt werden. Und die Entschuldigung von Milbradt – die sei „später als erhofft“ gekommen.

Esther Kogelboom

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