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Politik: Wer ist für Seuchenschutz zuständig?

SPD-Politiker fordert mehr Bundeskompetenz / Grüne kritisieren Seehofer

Berlin - Die scharfe Kritik an der Bekämpfung der Vogelgrippe auf Rügen hat eine neue Debatte über die Kompetenzen von Bund und Ländern beim Seuchenschutz ausgelöst. „Es kann nicht sein, dass eine Landrätin nicht in der Lage ist zu handeln und deshalb nicht gehandelt werden kann“, sagte Manfred Zöllmer (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verbraucherschutz, dem Tagesspiegel. Er sprach sich dafür aus, in vergleichbaren Fällen mehr Kompetenzen auf den Bund zu verlagern. „Wir müssen die politische Auseinandersetzung darüber führen“, sagte Zöllmer mit Blick auf die geplante Föderalismusreform.

Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warnte dagegen eindringlich davor, das Reformpaket an dieser Stelle wieder aufzuschnüren. „Es geht weniger um Kompetenzabgrenzungen als um die Kompetenz der Landrätin“, sagte Bosbach. Er verteidigte die bisherigen Regelungen: „Je ortsnäher man ist, umso besser kann man reagieren“. Falls der Bund mehr Kompetenzen erhielte, bestehe „die Gefahr, dass die Betroffenen vor Ort sagen: „Das hat nichts mit mir zu tun“, sagte Bosbach.

Dass tote Vögel einige Tage lang nicht abtransportiert worden waren und Landrätin Kerstin Kassner (PDS) erst nach langem Zögern den Katastrophenfall ausgerufen hatte, hatte für scharfe Kritik am Krisenmanagement vor Ort gesorgt. Kassner war unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu diesem Schritt gedrängt worden. Sie warf dem Land Mecklenburg-Vorpommern und dem Bund daraufhin vor, dem Landkreis Rügen nicht genügend geholfen zu haben.

Führende Politiker der Grünen kritisierten das Vorgehen von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU). Rechtsexperte Volker Beck bezeichnete die Kompetenzdiskussion als „Entlastungsdebatte“. Vielmehr habe sich Seehofers Ministerium „auf die Situation nicht hinreichend vorbereitet“, sagte Beck. „Am Ende hat der Bundesminister die Verantwortung“, betonte die Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz, Bärbel Höhn. Falls in vergleichbaren Fällen die Koordination zwischen Bund und Ländern nicht besser funktioniere, könne man über eine Veränderung der Zuständigkeiten nachdenken. Denkbar ist laut Höhn zum Beispiel eine „Auftragsverwaltung“ der Länder im Auftrag des Bundes, um bei mangelhaften Maßnahmen in den betroffenen Regionen reagieren zu können.

Jens Poggenpohl

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