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Politik: Wer mithilft, muss sterben

Die Anschläge sollen das Chaos im Land weiter schüren – und damit die für den Sommer geplante Machtübergabe gefährden

Es ist der zweite schwere Anschlag innerhalb von 24 Stunden – und ein präzises politisches Ziel lässt sich auch bei dem Attentat auf ein Rekrutierungsbüro für die neue irakische Armee nicht erkennen. Fest steht nur: Die beiden Anschläge, bei denen insgesamt mehr als 90 Menschen getötet wurden, sollen Unsicherheit und Chaos weiter schüren und die Iraker davon abhalten, sich beim Wiederaufbau der Sicherheitskräfte zu engagieren.

Doch die beiden Aktionen könnten weit reichende politische Konsequenzen haben. Derzeit ist eine UN-Delegation unter der Leitung von Top-Diplomat Lakhdar Brahimi im Irak unterwegs, um zu untersuchen, ob allgemeine Wahlen bis zum Sommer überhaupt noch möglich sind.

Schiitenführer Ayatollah Ali Sistani fordert dies, während die USA ein kompliziertes indirektes Wahlsystem befürworten, um zum 30. Juni dann die politische Macht an eine neue irakische Regierung zu übergeben. Sistani will sich nach eigenen Angaben dem Votum der Delegation, die noch eine Woche Gespräche führen will, beugen. UN-Generalsekretär Kofi Annan kündigte an, dass er bis Ende des Monats den irakischen Regierungsrat über das Ergebnis der Mission informieren werde.

Zum Auftakt der Gespräche übergab der Führer des schiitischen Obersten Rates der Islamischen Revolution, Abdul Asis al-Hakim, der UN-Delegation eine „wissenschaftliche Studie“, die nachweisen soll, dass allgemeine Wahlen noch in diesem Jahr realistisch sind. Aus US-Sicht spricht dagegen, dass es keine aktuellen Wählerverzeichnisse gibt. Auch erlaube die Sicherheitslage in Teilen des Landes keine allgemeinen Wahlen. Dieses Argument gewinnt mit den jüngsten Anschlägen an Gewicht. Denn Wahlveranstaltungen und Menschenschlangen vor Wahllokalen böten ein ideales Angriffsziel für Terroristen, die politische Fortschritte verhindern wollen. Befürchtet wird auch, dass die Angst vor Anschlägen viele Iraker davon abhalten könnte, überhaupt wählen zu gehen.

Bisher konzentrierte sich die Argumentation der Kreise um Schiitenführer Sistani darauf, dass die Lebensmittelkarten zur Erfassung der Wähler ausreichten. Zur Sicherheitsfrage dagegen hatte sich auch am Mittwoch noch kein hochrangiger irakischer Politiker geäußert. Sie hoffen offenbar, dass sich die Lage durch die neuen irakischen Sicherheitskräfte, die mittlerweile etwa 200 000 Personen stark sind, weiter stabilisiert – auch wenn die jüngsten Angriffe nicht verhindert werden konnten.

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