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Politik: Wer soll die Deutschen bilden?

Union kritisiert SPD-Vorschlag zur Bund-Länder-Reform – doch Ex-Minister Rüttgers hat ähnliche Ideen

Ein Land der Ideen, sagt der künftige Bundespräsident Horst Köhler, solle Deutschland werden. Ein Land, in dem Bildung und Forschung eine bedeutende Rolle spielen. Und damit ihre staatliche Förderung. Die Bundesregierung versucht dem Zukunftsthema gerecht zu werden, etwa mit dem Eliteuni- oder dem Ganztagsschulprogramm. Das Dumme ist nur, jedenfalls aus Sicht des Bundes: Bildungspolitik ist eigentlich Ländersache. Und die Möglichkeiten der Bundesregierung, Zeichen zu setzen, etwa über die Rahmengesetzgebung, die Bildungsplanung oder die Hochschulbauförderung, sollen noch beschnitten werden.

In der Bundesstaatskommission, die derzeit eine Reform des Föderalismus vorbereitet, gilt eine möglichst strikte Trennung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern eigentlich als beste Lösung. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sieht das so, die Ministerpräsidenten der Länder sind auch der Meinung. Sie wollen über Bildung, Schulen und Hochschulen künftig alleine bestimmen.

Nun legten aber die SPD-Kommissionsmitglieder Volker Kröning und Ortwin Runde ein Papier vor, für das offenbar auch SPD-Chef Franz Müntefering – Ko-Vorsitzender der Kommission – Sympathie hegt. Kröning, einst Senator in Bremen, und Runde, Ex-Bürgermeister von Hamburg, wollen an die Stelle der bisherigen Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern, etwa bei der Hochschulbauförderung oder der Wirtschaftsstrukturpolitik, ein neues, wenn auch weniger verbindliches Instrument setzen: „Sofern ein gesamtstaatliches Interesse besteht“, sollten auch künftig Bund und Länder finanziell zusammenwirken, sagt Kröning.

Das Papier löste bei Unions-Ministerpräsidenten helle Aufregung aus. Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber (CSU), neben Müntefering Leiter der Kommission, sagte kategorisch: „Das ist nicht konsensfähig.“ Der Hauptgrund: Das SPD- Papier nennt neben den Kooperationsfeldern Wirtschaft, Agrar und Küstenschutz auch die „Fortentwicklung des Bildungswesens“. Das ist ein neuer Begriff, der bisher nicht im Grundgesetz steht. Nach Meinung derer, die den Vorstoß ablehnen, würde er dem Bund Tür und Tor für eigene Aktionen in der Bildungspolitik öffnen. Damit werde die Stoßrichtung der Kommissionsarbeit völlig verändert, hieß es. In den Ländern sind Vorgaben wie die Ganztagsschulen oder Eliteunis, die im Hintergrund des SPD-Vorschlags stehen, nicht gern gesehen: Der Bund lockt mit Geld und mischt sich ein, wo er eigentlich nichts zu sagen hat. Dagegen sagen Bundespolitiker wie Zypries, dass ein international so wichtiges Feld wie die Bildungspolitik nicht von „Kleinstaaterei“ behindert werden dürfe.

Doch ist der Ansatz von Kröning und Runde gar nicht weit entfernt von Positionen in den Ländern und der CDU. In einem Positionspapier von Ex-Bildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU), jetzt Fraktionschef in NRW, finden sich ähnliche Gedanken. „Der Bund wird auch in Zukunft das Recht haben wollen und müssen, Mittel für die Hochschulen, die Bildung und die Forschung zur Verfügung zu stellen“, schreibt er. Und schlägt vor, ähnlich wie die SPD-Politiker, dass der Bund beim Hochschulbau und der „Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung zeitlich befristet Finanzhilfen gewähren“ kann, „wenn dies im gesamtstaatlichen Interesse liegt“. Rüttgers Haltung ist auch in ein Papier aller CDU-Fraktionschefs eingeflossen. Dort heißt es, die Forschungs- und Wissenschaftsförderung sei künftig Sache der Länder, „soweit kein nationales Interesse des Bundes besteht“. Das entspricht zwar nicht ganz der provokativen SPD-Position – aber Konsenslinien sind durchaus vorhanden.

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