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Politik: Wer zahlt, darf ins Oberhaus

Blairs Labour-Partei hat Geldgeber mit Lordtiteln belohnt – der Schatzmeister wusste davon nichts

Tony Blair wollte einmal „weißer als weiß“ sein. Am Donnerstag musste er sich auf seiner monatlichen Pressekonferenz erneut gegen Vorwürfe von Filz und Vetternwirtschaft wehren. Er soll Geheimkredite in Millionenhöhe für seine Labour-Partei mit Ernennungen ins Oberhaus belohnt haben. Einzelheiten der Affäre waren am Wochenende bekannt geworden. Doch wie eine Bombe schlug ein, dass Labour-Schatzmeister Jack Dromey am Mittwochabend wütend mitteilte, er habe von diesen Krediten nichts gewusst. Man habe ihn und andere gewählte Parteifunktionäre „im Dunkeln gelassen“, empörte sich der Gewerkschafter in einer Attacke, die klar auf Blair gemünzt war. Dromey verlangte eine eingehende Untersuchung des Skandals.

Blair ging, wie gewohnt, in die Offensive. „Als Führer der Labour-Partei übernehme ich selbstverständlich die volle Verantwortung für alles, was in der Labour-Partei passiert.“ Eigentlich wollte er nach der Rebellion in den eigenen Reihen gegen das Schulgesetz seine Autorität wiederherstellen. Nun wurde er mit Fragen zu dem neuen Skandal bombardiert. Den meisten wich er aus. Von den Krediten wusste er, aber es ist ihm ein Rätsel, warum der Schatzmeister nicht informiert war. Natürlich seien Kredite an die Partei kein Grund, jemand zum Lord zu machen. Aber auch kein Grund, es nicht zu tun. Alle Kreditgeber seien Bürger, die dem Land „viel zu geben hätten“.

Illegales ist nicht passiert. Es ist das Recht eines Premiers, Namen für die Ernennung ins Oberhaus vorzuschlagen, und Blair hat davon freigiebig Gebrauch gemacht. Spenden müssen nach dem Parteiengesetz im Register der Wahlkommission aufgeführt werden – aber nicht Kredite, wenn ein „kommerzieller Zins“ gezahlt wird.

Seit König Jakob I. 1611 Baronentitel für 1095 Pfund verkaufte, gelten Lordtitel als mehr oder weniger käuflich. „Dies ist das einzige Land der Welt, das sich Demokratie nennt, wo man sich einen Sitz in der Legislative dadurch kaufen kann, dass man einer der großen Parteien Geld spendiert“, schimpfte der konservative Abgeordnete Quentin Davies, nicht ohne Selbstkritik, im Unterhaus. Blair versprach, die stecken gebliebene Reform des Oberhauses eilends wieder anzupacken.

Eine unabhängige Ernennungskommission prüft die Eignung der für das Oberhaus Vorgeschlagenen. Als die Kommission drei Namen von Labour-Kreditgebern blockierte und sich einer von ihnen, der Arzt und Klinikbetreiber Chai Patel, beschwerte, wurde die Sache ruchbar. Die Attacke des Schatzmeisters zeigt, wie die Affäre Blairs Ansehen auch in der Labour-Partei untergräbt. Wegen der Abstimmung zum Schulgesetz steht Blair bereits mit vielen Parteifreunden auf Kriegsfuß. Er brachte das Gesetz mit Hilfe der Tories und gegen 50 Rebellen der eigenen Partei in die zweite Lesung und zeigte damit, dass er in der letzten Phase seiner Amtszeit über die Köpfe seiner Partei hinweg regieren will. „Er hat seine moralische Autorität verloren", kommentierte der Labour-Linke John McDonnell.

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