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Politik: Westdeutsche Ersatz- und Betriebskassen wehren sich gegen einen Ausgleich für die Ost-AOK

Die Krankenkassen haben die Milliardenhilfe für die überschuldeten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in Ostdeutschland verschieden beurteilt. Betriebs- und Ersatzkassen kritisierten am Donnerstag das Vorgehen der Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne).

Die Krankenkassen haben die Milliardenhilfe für die überschuldeten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in Ostdeutschland verschieden beurteilt. Betriebs- und Ersatzkassen kritisierten am Donnerstag das Vorgehen der Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne). "Das ist unseren Versicherten überhaupt nicht zuzumuten", sagte der Chef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler, dem Tagesspiegel. Eine Sprecherin des Ersatzkassenverbandes sagte: "Die Schulden sind vor allem ein internes Problem der AOK." Ähnlich urteilte auch der Verband der Betriebskrankenkassen; deren Sprecherin Gerda Uhlmann-Strack signalisierte jedoch auch Verständnis. "Über eine zusätzliche Kraftanstregung für die Altschulden aus DDR-Zeiten könnte man nachdenken", sagte sie. Dagegen begrüßte der AOK-Bundesverband das Vorhaben als "Schritt in die richtige Richtung".

Wie der Tagesspiegel bereits am Donnerstag in einer Teilauflage meldete, sollen die West-Krankenkassen im kommenden Jahr einmalig 1,3 Milliarden Mark für verschuldete Ost-Krankenkassen zahlen. Das sieht ein Entwurf aus dem Hause Fischer vor, der mit dem Kanzleramt und der SPD-Fraktion abgesprochen ist. Da der Westen die Ostkassen im Jahr 2000 bereits mit 1,7 Milliarden Mark unterstützt, würde sich die Gesamthilfe auf 3 Milliarden Mark summieren. Mittelfristig will die Ministerin auch die Rechtsunterschiede zwischen Ost und West angleichen und einen gesamtdeutschen Risikostrukturausgleich (RSA) einführen. Der RSA gleicht Unterschiede bei den Kassen aus.

Von der Geldspritze sollen nur die vier AOK in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen profitieren, deren Schulden sich Ende 1998 auf zwei Milliarden Mark beliefen. Not leidende Betriebskrankenkassen, wie in Berlin, gehen leer aus. Das Gesundheitsministerium begründet dies mit der besonderen Notlage der AOK. Sie müssten viele Härtefälle, wie Geringverdiener oder chronisch Kranke versichern - diese kosten viel, bringen aber nur wenig Einnahmen. "Die West-Kassen können kein Interesse daran haben, die AOK Bankrott gehen zu lassen", sagte Staatssekretär Erwin Jordan dem Tagesspiegel.

Fiedler sagte dagegen, schon jetzt würden Betriebs- und Ersatzkassen über 19 Milliarden Mark in den RSA zahlen, um die Wettbewerbsunterschiede auszugleichen. Das müsse reichen. Bei den Betriebskassen (BKK) verweist man auf die hohen Verwaltungskosten der Ost-AOK. Dies müssten die West-AOK ausgleichen, die laut BKK bislang nur 400 Millionen Mark an ihre Ost-Ableger überwiesen hätten. AOK-Sprecher Udo Barske wies dies als "Taschenspieler-Argument" zurück. Die AOK hätte den Versichertenbestand der DDR-Sozialversicherung übernommen und die Verwaltung flächendeckend aufgebaut - mit entsprechend hohen Personalkosten. Andere Kassen konnten dagegen um junge, gut verdienende Mitglieder werben.

Andreas Hoffmann

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