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Politik: Westerwelle übt sich in Selbstkritik

„Da muss meine Arbeit besser werden“, sagt der FDP-Vorsitzende über die Programmatik seiner Partei – und findet: Streit ist normal

Am Montag kam Besuch. Die Spitze der Evangelischen Kirche unter Präses Manfred Kock sprach erstmals seit fünf Jahren mit dem Präsidium der FDP. Ein „relativ breites Übereinstimmungsspektrum“ sah Kock: Freiheit sei immer gepaart mit Verantwortung. Doch im Dehler-Haus interessierte weniger das Verhältnis der Liberalen zum Protestantismus als das Verhältnis untereinander.

Ob er denn in den zanksüchtigen Reihen der FDP-Spitzenvertreter so etwas wie Nächstenliebe habe säen können, wurde Kock gefragt. Schon sein Dasein sei „nicht ohne Wirkung“ geblieben, mutmaßte der Kirchenmann. Guido Westerwelle kleidete den innerparteilichen Streit um seine Führungsfähigkeiten und das Profil der Partei am Montag in ein Churchill-Zitat: Wenn zwei stets einer Meinung seien, sei einer wohl überflüssig. Soll heißen: Streit ist normal, alle Parteien erleben ihn gerade, ist doch auch kein Wunder angesichts des gegenwärtigen Reformschubs.

Abwiegelung, Zerknirschung, Ärger, Gegenoffensive: Das war Westerwelles Reaktions-Mix. Innerhalb weniger Tage hatte er sich viel anhören müssen. Berlins Fraktionschef Lindner verdammte in einer Streitschrift „Zögerlichkeit, Inkonsequenz und Klientelpolitik“. Er bekam am Sonntag vom Chef das „notwendige offene Wort“ zu hören. Ehren-Parteichef Lambsdorff sieht in der Partei „viel im Argen liegen“; Westerwelles Vize Döring diagnostiziert einen „desolaten Zustand“; Kiels Fraktionschef Kubicki spricht Generalsekretärin Pieper „jegliche politische Substanz“ ab; Präsidiumsmitglied Rexrodt erkennt ein „Transportproblem“.

Hier setzte Westerwelles Selbstkritik an. „Da muss auch meine Arbeit besser werden“, sagt er über jenen Teil der Kritik, der sich auf die Partei-Programmatik bezieht. Während des Bayern-Wahlkampfs sei das Nachdenken vielleicht zu kurz gekommen. Dies werde sich ändern. Bis zu einer Klausur am 1. Dezember sollen strittige Punkte geklärt sein: Schmiegt sich die Partei beim Meisterbrief und beim Versandhandel mit Arznei zu eng an ihre Wähler unter Handwerkern und Apothekern? Gibt es noch eine FDP-Außenpolitik? Was will sie für Afghanistan oder im Verhältnis zur Türkei?

Westerwelle setzt darauf, dass in den zentralen Bereichen der Reformpolitik die Zeit für ihn arbeitet. Im Winter, wenn Rekordarbeitslosigkeit erreicht werde, stelle sich eine Frage, die ideal auf die FDP zugeschnitten sei. Nämlich die, ob all die bisherigen Anstrengungen auch nur annähernd ausreichten. Die FDP werde gewappnet sein. Ansonsten gelte: „Das Grundverhältnis zwischen meiner Partei und mir ist erstklassig.“

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