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Update

Westerwelle zu Besuch in Ägypten: Mursi-Anhänger trotzen Einschüchterungsversuchen der Regierung

Während in Ägypten die Mursi-Anhänger weiter auf die Straßen gehen, führt Außenminister Guido Westerwelle Gespräche mit der Übergangsregierung nach Kairo. Nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Fahmi stellt ein Fragesteller einen Vergleich zwischen dem abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi und Hitler an - Westerwelle reagiert betroffen.

Trotz Drohungen der ägyptischen Staatsführung haben die Anhänger der entmachteten Muslimbruderschaft ihre Proteste in der Nacht zum Donnerstag fortgesetzt. Tausende Sympathisanten des vor einem Monat gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi weigerten sich, ihre Sitzstreiks wie verlangt aufzulösen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) traf unterdessen am Donnerstag seinen ägyptischen Kollegen Nabil Fahmi in Kairo. In der Pressekonferenz mit Fahmi reagierte Westerwelle betroffen auf einen Vergleich Mursis mit Adolf Hitler, der - so ein fragender ägyptischer Journalist - auch durch eine demokratische Wahl an die Macht gelangt sei. Hitler habe einen schrecklichen Krieg begonnen, der die ganze Welt in Not und Elend gestürzt habe, sagte der Bundesaußenminister. „Wir Deutschen sind der Überzeugung, dass dieses größte Verbrechen in keiner Weise verharmlost werden darf, indem man es mit anderen Entwicklungen wo auch immer vergleicht.“

Westerwelles Besuch in Kairo wird von einem brisanten Kairoer Kabinettsbeschluss überschattet. Nach mehreren Androhungen hatte die Übergangsregierung am Mittwoch ernst gemacht und die Räumung der Protestlager der Muslimbrüder angeordnet. Das Innenministerium und die ihm unterstehende Polizei wurden zu „angemessenen Schritten“ aufgefordert, um die Dauerproteste der Mursi-Anhänger vor einer Moschee im Stadtteil Nasr City und vor der Universität Kairo aufzulösen. Diese seien angesichts der „Bedrohung der nationalen Sicherheit nicht länger akzeptabel“. Die Bevölkerung habe ihr „massives Mandat“ gegeben, „gegen Terrorismus und Gewalt vorzugehen“. Doch das Islamistenbündnis gibt sich unnachgiebig: „Es wird sich nichts ändern“, sagte ein Sprecher. Damit scheint ein neues Blutvergießen programmiert, nachdem die Sicherheitskräfte am Samstag eine Straßenblockade mit Gewalt geräumt und 81 Zivilisten getötet hatten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wertete den Kabinettsbeschluss als „Vorlage für eine Katastrophe“.

In der Nacht blieb es jedoch zunächst ruhig, bis zum Morgen kam es zu keinen größeren Zusammenstößen. Während die US-Regierung die Führung in Kairo zur Achtung der Versammlungsfreiheit aufforderte, erhöhte Ägyptens Justiz den Druck auf die Muslimbrüder: Die Staatsanwaltschaft erhob am Mittwoch Anklage gegen den flüchtigen Islamisten-Chef Mohammed Badie und zwei inhaftierte Führungsmitglieder wegen „Anstachelung zum Mord“. Sie sollen für den Tod mehrerer Demonstranten bei Protesten vor dem Hauptquartier der Muslimbrüder am 30. Juni verantwortlich sein.

Nach seinem Treffen mit Interims-Außenminister Nabil Fahmi sagte Bundesaußenminister Westerwelle, dass alle politischen Kräfte in den Übergangsprozess eingebunden werden müssten. Das Volk müsse selbst entscheiden, welchen Weg es wähle. Es müssten friedliche Lösungen des Ausgleichs gefunden, auf Gewalt verzichtet und ein demokratischer Neuanfang mit Wahlen ermöglicht werden. Neben der Begegnung mit Fahmi waren für Westerwelle noch Treffen mit Übergangspräsident Adli Mansur, dessen Stellvertreter Mohammed el Baradei sowie Armeechef Abdel Fattah al-Sisi geplant. Ein Besuch Mursis, der an einem geheim gehaltenen Ort festgehalten wird, war zunächst nicht geplant. „Wir haben die Forderung gestellt, dass Herr Mursi auch von unabhängigen Persönlichkeiten besucht werden kann“, sagte Westerwelle. Das sei durch den Besuch der EU-Außenbeauftragen Catherine Ashton geschehen - „und alles andere werden wir sehen“. Ashton hatte zu Wochenbeginn zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln versucht und als erste ausländische Besucherin den inhaftierten Mursi besuchen können. Konkrete Verhandlungsergebnisse gab es aber nicht. (AFP/rtr)

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