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Außenminister auf Abruf?: Westerwelles letzter Kampf

Der Machtverlust in seiner Partei und in der Koalition trifft Guido Westerwelle ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da viele an seiner außenpolitischen Kompetenz zweifeln. Noch hält er am Ministerposten fest. Doch Zweifel an seiner Eignung für das Amt sind nicht neu.

Von Hans Monath

Der FDP-Generalsekretär gab sich am Montag alle Mühe, Zweifel an der Autorität des Außenministers auszuräumen, der den FDP-Vorsitz und auch das Amt des Vizekanzlers aufgeben wird. Es gebe historische Beispiele dafür, dass man als Chef des Außenamts (AA) ohne das Parteiamt „Großes für das Land leisten“ könne, erklärte Christian Lindner im Hinblick auf Hans-Dietrich Genscher.

Der Generalsekretär ist aber mit der Geschichte seiner Partei zu gut vertraut, um den großen Unterschied zwischen dem damaligen und dem heutigen Außenminister nicht zu kennen: Als Genscher 1985 den FDP-Vorsitz aufgab, hatte er das Auswärtige Amt schon elf Jahre lang geführt, hatte die KSZE-Schlussakte mit verhandelt, in Ost und West für aktive Entspannungspolitik geworben. Er war ein unumstrittener, geachteter und gefürchteter Chef in seinem Bonner Ministerium.

Bei Guido Westerwelle, der seit eineinhalb Jahren das Ministerium am Werderschen Markt führt, kann davon keine Rede sein. Im Gegenteil: Der Machtverlust in seiner Partei und in der Koalition trifft ihn ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da viele wegen der deutschen Enthaltung bei der Libyenresolution des UN-Sicherheitsrates an seiner außenpolitischen Grundsatztreue und damit an seiner Kompetenz als AA-Chef zweifeln.

Lange hatte sich der 49-Jährige schwer getan, in seinem Amt anzukommen. Zu sehr reizte ihn der innenpolitische Streit, als dass ihn die Bürger als Außenminister akzeptiert hätten – bis heute ist er laut Umfragen der unbeliebteste AA-Chef aller Zeiten. Die Pflege des Verhältnisses zu kleinen EU-Partnern oder die atomare Abrüstung, die er anfangs als Schwerpunkte seiner Politik nannte, begeisterten kaum jemanden. Erst mit dem Umbruch in Nordafrika schien er im Februar in seinem Amt voll angekommen zu sein – und trieb die Politik der gesamten EU gegenüber den südlichen Nachbarn mit guten Vorschlägen zur Unterstützung der Freiheitsbewegungen voran. Als er Ende Februar Kairo besuchte, feierten ihn Demonstranten auf dem Tahrir-Platz.

Dass die Opposition seine Eignung als Außenminister infrage stellt, dürfte Westerwelle verschmerzen. Gefährlicher für ihn ist, dass viele Abgeordnete der Union und der FDP in der Libyenfrage katastrophale Fehler beklagen. Dazu kommt: Im Auswärtigen Amt dürfte man keine Handvoll Mitarbeiter finden, die sein Agieren im Sicherheitsrat und seine politische Argumentation dazu gutheißen.

Wenig spricht dafür, dass sich das Ansehen des Ministers bei den Diplomaten bald bessern wird. Die „besten Männer und Frauen, die für Deutschland arbeiten“ (Westerwelle in seiner Antrittsrede als Minister) unterscheiden sich in ihrem Selbstbewusstsein von Beamten anderer Fachministerien. Peinlich genau achten sie darauf, welches machtpolitische Gewicht ihrem Minister in der Koalition zukommt und wie er sich gegenüber dem Kanzleramt behauptet, dessen Chefin oder Chef schließlich auch die Richtlinien der Außenpolitik bestimmt.

Genau darin dürfte für Westerwelle nun eine gefährliche Versuchung liegen: Will er ohne Zugriff auf die Innenpolitik weiter als selbstständig gestaltender Politiker und Außenminister wahrgenommen werden, muss sein Kurs von dem der Kanzlerin unterscheidbar sein. Konfrontation liegt dem FDP-Politiker, seine ganze Karriere ist geprägt von Auseinandersetzungen, in denen er nicht selten allein gegen die Mehrheit stand. Doch gerade in der Außenpolitik richtet Konfrontation häufig großen Schaden an.

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