zum Hauptinhalt

Politik: Westfälischer Unfrieden

Grüne an der Basis widersetzen sich Berliner Reformplänen

Von Hans Monath

So viel Konsens war selten bei den Grünen: Während in der SPD die Debatte tobt, sagte die Parteispitze der Grünen eine für Montag geplante Sondersitzung des Parteirats zu den Reformen ab. Die Mitarbeiter einer eigens eingesetzten „Sozialpolitischen Kommission“ seien sich über Vorschläge zum Umbau des Sozialsystems so einig gewesen, dass kein Treffen des Gremiums notwendig sei, lautete die Begründung.

Doch während die Sozialexperten offenbar einen Konsens gefunden haben, muss die Parteispitze noch große Anstrengungen unternehmen, um die Mitglieder von der „Agenda 2010" zu überzeugen. „Es gärt an der Basis", heißt es etwa aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen. „Nach der Osterpause wird es wieder richtig losgehen", sagt Wilhelm Achelpöhler voraus, Vorstandssprecher des Kreisverbandes Münster, dessen Initiative gegen die „Agenda 2010" den Sonderparteitag der Grünen erzwang. Den hatte die Parteiführung lange abgelehnt, doch Dutzende von Kreisverbänden empfanden die Änderungen bei der Arbeitslosenhilfe, die Flexibilisierung des Kündigungsschutzes und den Abschied von der paritätischen Finanzierung des Krankengeldes als unsozial. Nun wollen die Münsteraner die eigene Landespartei gegen die Reformen in Stellung bringen: „Wir wollen alles dafür tun, damit die, die eine andere Politik wollen, laut und unüberhörbar werden", meint Achelpöhler.

Die Parteiführung, die sich natürlich optimistisch gibt, will die Distanz zur Basis überbrücken, indem sie vor allem die Chancen herausstellt, die mit den schmerzhaften Einschnitten erkauft werden sollen. Die frühere Grünen-Bundestagabgeordnete Annelie Buntenbach, die gemeinsam mit anderen Gewerkschaftern ihrer Partei gegen die Reformpläne mobilisiert, widerspricht: „Ich glaube nicht, dass es nur ein Kommunikationsproblem ist." Das Problem sei vielmehr der Inhalt der Regierungsvorschläge.

Prominente Bundespolitiker der Grünen haben klargemacht, dass wichtige Vorentscheidungen der „Agenda 2010" schon vor dem Sonderparteitag fallen. Seither muss die Parteispitze den Vorwurf aus den eigenen Reihen widerlegen, der Parteitag Mitte Juni sei eine Alibi-Veranstaltung. „Der Diskussionsprozess läuft schon vor der Sonder-BDK und hat gezeigt, wo die Parteibasis Änderungsbedarf in den Details sieht", sagt Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke. Die Vorschläge würden „in die Entscheidung auf Bundesebene" einbezogen, „so weit das möglich ist".

Anders als bei der SPD haben sich in der Grünen-Bundestagsfraktion bislang keine „Rebellen" gegen die Reformpläne organisiert. Dafür sucht nun die Basis den Kontakt zur Blockade-Minderheit der SPD. E-Mails des Münsteraner Kreisverbandes mit Anfragen an die Wortführer der Schröder-Opponenten im Bundestag blieben laut Achelpöhler bislang allerdings ohne Antwort.

Zur Startseite