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© dpa

Westjordanland: Jüdische Siedler zünden Moschee an

Nach palästinensischen Angaben haben jüdische Siedler ein Gotteshaus bei Nablus verwüstet. In den vergangenen Wochen haben Israelis mehrfach im Westjordanland randaliert. Der Siedlerrat mobilisiert politisch gegen Einschränkung der Bautätigkeit.

Ramallah/Tel Aviv - Im Westjordanland hat nach palästinensischen Angaben eine Gruppe jüdischer Siedler einen Brandanschlag auf eine Moschee verübt. Die Täter hätten am frühen Freitag in dem muslimischen Gotteshaus im Dorf Kfar Jussuf bei Nablus Bücherregale mit dem Koran, dem heiligen Buch der Muslime, sowie einen Gebetsteppich in Brand gesetzt, sagte Polizeisprecher Munir Jakub. Darüber hinaus hätten sie Hassbotschaften in Hebräisch an die Wand geschmiert. Eine davon laute: „Wir werden euch verbrennen“.

Als Reaktion protestierten rund 200 Palästinenser nach dem Freitagsgebet vor der nahe gelegenen jüdischen Siedlung Tapuah. Bei Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften wurden nach palästinensischen Angaben sechs Menschen verletzt. Nach Angaben einer Militärsprecherin erlitt auch ein israelischer Grenzpolizist leichte Verletzungen. Ein Sprecher der israelischen Armee kündigte an, dass die Beschwerde der Palästinenser wegen Vandalismus in einer Moschee untersucht werde. Israel betrachte das als schwerwiegenden Vorfall. Auch in anderen Teilen des Westjordanlandes protestierten am Freitag Palästinenser.

Nach palästinensischen Angaben haben israelische Siedler in den vergangenen beiden Wochen mehrfach im Westjordanland randaliert und Schaden angerichtet. Im Dorf Burin bei Nablus zündeten Siedler Augenzeugenberichten zufolge die Farm und das Haus einer palästinensischen Familie an. Die jüdischen Siedler in den Palästinensergebieten sind erbost über ein zehnmonatiges Moratorium der israelischen Regierung, das Neubauten in den Siedlungen im Westjordanland unterbinden soll. Ein Minister der Likud-Partei betonte jedoch am Donnerstag, damit würden die Siedlungsaktivitäten nicht wirklich eingefroren, „sondern den Bauarbeiten lediglich einige Grenzen auferlegt“. Der Minister ohne Geschäftsbereich, Benny Begin, prognostizierte, in der Phase kämen mindestens 10 000 neue Siedler zu den rund 300 000 bereits vorhandenen hinzu.

Eine Mehrheit der in den 121 Siedlungen und den mehr als 100 Außenposten lebenden Siedler sind national-religiöse Juden. Sie sehen das Westjordanland als Teil des biblischen gelobten Landes, das sie weiter besiedeln wollen, und lehnen Gebietsabtritte an Nichtjuden ab. Sie sind daher empört über den von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verhängten befristeten zehnmonatigen Siedlungsstopp und haben bereits mit Protesten dagegen begonnen. Viele Siedler sehen Forderungen nach der Gründung eines eigenen Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967, für den eine Räumung von Siedlungen notwendig wäre, als tödliche Gefahr für den zionistischen Wiederaufbau und Israel als Ganzes. In ihren Augen gibt es keinen Unterschied zwischen den besetzten Gebieten und dem israelischen Kernland.

Bei einer Großdemonstration vor Netanjahus Amtssitz in Jerusalem hatten am Mittwoch tausende Siedler sowie rechtsorientierte Abgeordnete ihren Zorn über das Moratorium zum Ausdruck gebracht. Mit der Großdemonstration wollte der Siedlerrat den Druck auf Netanjahu erhöhen. „Die Demonstration wird die Botschaft an Entscheidungsträger in Jerusalem und in anderen Hauptstädten rund um die Welt schicken, dass der Baustopp einen Schritt zu weit geht“, sagte der Vorsitzende des Siedlerrats, Danny Dajan. „Wir sind sicher, dass der Protest nicht nur im Amtssitz des Ministerpräsidenten, sondern auch im Oval Office im Weißen Haus gehört werden wird.“

Unter dem Eindruck der Siedlerproteste, die auch Gewalt gegen Bauinspekteure einschlossen, ist Netanjahu wieder einen Schritt zurückgewichen. Er hat ein Team eingerichtet, das Möglichkeiten zur Lockerung der Baubeschränkungen prüfen soll. Netanjahu will damit angeblich verhindern, dass die gemäßigteren Siedler in das Lager der radikalen Siedler abwandern.

Nach einem Zeitungsbericht haben zahlreiche Siedler in den vier Monaten vor dem Baustopp Hunderte von Fundamenten für neue Häuser gelegt, um das Moratorium zu umgehen. Es handele sich dabei um bis zu 1000 neue Gebäude, schrieb die Zeitung „Jediot Achronot“ unter Berufung auf den Siedlerrat. Dessen Generaldirektor Pinchas Wallerstein erklärte, man habe mit einem Moratorium gerechnet. AFP/dpa

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