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Politik: Wider die Diplomatie

Mit der Entführung des ägyptischen Botschafters versuchen Extremisten im Irak, die Normalisierung in der Region zu torpedieren

Erst vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Ägypten als erstes arabisches Land nach der amerikanischen Besetzung Iraks wieder einen Botschafter nach Bagdad entsandt hat. Am Samstagabend ist der 52-jährige Diplomat Ihab al Scharif nach inoffiziellen Angaben des Innenministeriums in Bagdad entführt worden. Dies ist ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen der irakischen Regierung, die Beziehungen zu den Nachbarländern zu normalisieren und als legitime Regierung anerkannt zu werden. Die meisten arabischen Länder hatten ihre Botschafter im Jahr 1991 aus Protest gegen den Überfall auf Kuwait abgezogen.

Auf der internationalen Irak-Konferenz in Brüssel verkündete Ägypten am 22. Juli, dass es wieder volle diplomatische Beziehungen zu Irak aufnehme. Der ägyptische Diplomat Ihab al-Scharif war bereits Ende Mai im Irak eingetroffen und seit dem 1. Juni Leiter der Interessenvertretung, bevor er von seinem Außenministerium in den Botschafterrang erhoben wurde. Er ist allerdings noch nicht als Botschafter akkreditiert. Der irakische Außenminister Hodscha Zebari lobte Ägypten bei der Irak-Konferenz in Brüssel dafür, dass es „regionale Führungskraft“ zeige. Jordanien kündigte an, die diplomatischen Beziehungen zum Nachbarn ebenfalls wieder auf Botschafterniveau zu heben.

Scharif ist nach irakischen Angaben am Samstagabend im vornehmen Stadtteil Mansur entführt wurden. Nach Augenzeugenberichten wollte er eine Zeitung kaufen. Im britischen Sender BBC wurde der weiße Geländewagen des Diplomaten gezeigt, der vor dem Geschäft zurückgeblieben war. Das ägyptische Außenministerium hat die Entführung am Sonntag nicht bestätigt. Aber ein hoher Beamter forderte die Entführer im Gespräch mit Reportern dazu auf, Scharif als „Patrioten und Unterstützer der arabischen Anliegen“ anständig zu behandeln.

Dies wäre der erste Übergriff auf einen Botschafter, aber nicht auf einen Diplomaten im Irak. Im Juli 2004 war ein ägyptischer Diplomat niederen Ranges, Mohammed Mamdouh Qutb, entführt worden. Die Entführer forderten Kairo auf, seine Vorschläge zur Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte zurückzunehmen. Ägypten verzichtete und der Mann kam nach drei Tagen frei. Nur wenige Wochen danach wurde ein iranischer Diplomat entführt und erst zwei Monate später von der „Islamischen Armee“ freigelassen. Sie warf Iran Einmischung in das konfessionelle Gefüge des Iraks vor. Im August 2003 war eine Autobombe vor der jordanischen Botschaft in Bagdad explodiert und hatte elf Menschen getötet. Eine Woche zuvor hatte König Abdallah II zwei Töchtern von Saddam Hussein Asyl aus humanitären Gründen bewilligt.

Bisher hat sich niemand zu der Entführung des designierten Botschafters bekannt. Aber jene Gruppen, die eine Stabilisierung der politischen Verhältnisse verhindern wollen, lehnen eine Normalisierung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten ab. Möglicherweise sollen mit der Tat andere arabische Länder abgeschreckt werden, Botschafter zu entsenden. Ägypten hat sich ebenfalls schwer getan mit der Entscheidung, solange amerikanische Truppen im Land die Souveränität der neuen irakischen Regierung einschränken. Doch Kairo steht unter starkem amerikanischem Druck wegen seiner mangelhaften Demokratisierung. So hat das Regime unter Präsident Hosni Mubarak dem Druck nachgegeben und sowohl einen Botschafter in den Irak als auch vor zwei Monaten erneut einen Chefdiplomaten nach Israel entsandt.

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