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Widersprüchlich: Papst-Kritiker verliert Streit um Religionslehrer-Ausbildung

In NRW streiten muslimische Verbände mit der Koalition aus CDU und FDP um die Besetzung des ersten Lehrstuhls für islamische Religonspädagogik. Für die Kirchen hingegen gilt das Selbstbestimmungsrecht.

Berlin - Wie stark dürfen Glaubensgemeinschaften Einfluss auf die Ausbildung von Religionslehrern nehmen? Während die christliberale Koalition in Nordrhein-Westfalen mit Muslimverbänden um die Besetzung des ersten Lehrstuhls für islamische Religionspädagogik ringt, hat das Bundesverfassungsgericht für die Kirchen eine Antwort gefunden: Sind staatliche theologische Fakultäten eingerichtet, überwiegt deren Selbstbestimmungsrecht. „Es kann und darf nicht Sache des religiös-weltanschaulich neutralen Staates sein, über die Bekenntnisgemäßheit theologischer Lehre zu urteilen“, teilte das Gericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss mit.

Damit endet ein jahrelanger Rechtsstreit des umstrittenen evangelischen Theologen und Papst-Kritikers Gerd Lüdemann aus Göttingen. Der Wissenschaftler hatte 1998 einen „Brief an Jesus“ veröffentlicht, in dem er diesem zugeschriebene Äußerungen bestritt und eigene Glaubenszweifel offenlegte. Die Kirche verlangte daraufhin, Lüdemann zu entlassen. Doch Lüdemann, Professor für „Neues Testament“, blieb an der Fakultät und erhielt einen neuen Lehrstuhl für „Geschichte und Literatur des frühen Christentums“, der nicht mehr konfessionsgebunden war. Seine Vorlesungen wurden mit dem Zusatz angekündigt, sie seien für die Ausbildung theologischen Nachwuchses irrelevant. In der Folge spitzte Lüdemann seine Zweifel gerade am Auferstehungsglauben zu. Dem Papst warf der Verfechter der historisch-kritischen Methode eine „peinliche Entgleisung“ bei seinen Jesusforschungen vor. Er spanne „die Vernunft vor den Karren des Glaubens“.

Gegen seine Herabstufung setzte sich der Professor vor Gericht zu Wehr – schlussendlich erfolglos. „Theologie an der Universität muss wie jede andere akademische Disziplin frei sein und darf nicht von wissenschaftsfremden Voraussetzungen ausgehen“, erklärte Lüdemann am Mittwoch auf seiner persönlichen Homepage.

Die Forderung verweist auf die aktuelle Diskussion in NRW. Dort hatten muslimische Verbände die Auswahl von Muhammad Sven Kalisch boykottiert, eines zum Islam konvertierten deutschen Wissenschaftlers, der muslimische Religionslehrer ausbilden sollte. Kalisch will die historisch-kritische Methode auf islamische Quellen anwenden und findet nach eigenen Worten keine Belege für die Existenz des Religionsstifters Mohammed. Die CDU-Fraktion ebenso wie eine Reihe prominenter Unterstützer fordert gegen den Widerstand der FDP, die Mitsprache der Verbände bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger zu begrenzen.

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