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Syrien liegt zu großen Teilen in Schutt und Asche.

© AFP

Widerstand formiert sich: EU-Staaten unterstützen eindeutig Syriens Opposition

Mit der Bildung eines gemeinsamen Oberkommandos bemühen sich die syrischen Rebellen um mehr internationale Anerkennung und um Zugang zu Waffen aus dem Ausland. Hilfe könnte auch aus der Europäischen Union kommen.

Die syrischen Regierungstruppen verlieren nach Angaben von Regimegegnern weiter an Boden. Aktivisten veröffentlichten am Montag Videoaufnahmen, die zeigen sollen, wie eine islamistische Brigade eine Kommandozentrale in Scheich Sleiman in der Provinz Aleppo einnimmt. Bei der Schlacht um den Stützpunkt sollen ein Soldat und zwei Rebellen getötet worden sein. 140 Soldaten seien geflohen, hieß es. Im Internet wurde am Montag ein weiteres Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie ein etwa zehnjähriger Junge mit einem Schwert einem wehrlosen, am Boden liegenden Mann den Kopf abtrennt. Dabei wird der Junge von mehreren Männern angefeuert. Bei dem Toten soll es sich nach Informationen aus Oppositionskreisen um einen in Homs entführten Offizier des Assad-Regimes handeln. Bei Kämpfen in der Provinz Idlib sollen die Regierungstruppen am Montag sechs Mann verloren haben. Gefechte wurden auch aus Vierteln im Zentrum von Damaskus gemeldet. Bis zum Nachmittag zählten Aktivisten 29 Todesopfer, darunter sechs Kinder.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich Präsident Baschar al Assad nicht mehr lange an der Macht halten kann. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Anzeichen mehren sich, dass die Macht des Assad-Regimes weiter erodiert.“ Am Wochenende hatten hochrangige Beamte des russischen und des US-Außenministeriums in Genf mit dem UN-Syrienbeauftragten Lakhdar Brahimi über eine „politische Lösung“ für Syrien gesprochen. Sowohl Moskau als auch Washington haben ein Interesse daran, noch vor dem Sturz von Assad Verantwortliche für die Übergangszeit zu benennen.

Mit der Bildung eines gemeinsamen Oberkommandos bemühen sich unterdessen die syrischen Rebellen um mehr internationale Anerkennung und um Zugang zu Waffen aus dem Ausland. Bei einem mehrtägigen Treffen in einem Fünfsterne- Hotel im südtürkischen Badeort Antalya bestimmten mehrere hundert Kämpfer aus Syrien am Wochenende den Offizier Salim Idris zum Chef eines neuen Generalstabs. Idris soll die diversen regierungsfeindlichen Milizen in Syrien unter dem Dach der Freien Syrischen Armee (FSA) einen. Radikalislamistische Gruppen wurden ausgegrenzt – ein Signal an das Treffen der internationalen „Freunde Syriens“ an diesem Mittwoch im marokkanischen Marrakesch.

Die Opposition hofft, leichter an Waffen zu kommen.

Vertreter der syrischen Opposition in der Türkei begrüßten die Schaffung der gemeinsamen Militärführung. „Das wird der FSA hoffentlich mehr Glaubwürdigkeit in der internationalen Gemeinschaft einbringen“, sagte Molham Aldrobi von der syrischen Muslimbruderschaft dem Tagesspiegel. Zudem sei zu hoffen, dass die Rebellen ab sofort leichter an Waffen kommen könnten.

Im vergangenen Monat war die politische Opposition bei einem Treffen in Katar unter dem Dach der Syrischen Nationalen Koalition vereinigt worden – die Wahl des Rebellen-Generalstabs soll jetzt die Einheit des militärischen Flügels des Widerstandes bringen. „Ein guter Zug“ sei dies, verlautete aus türkischen Regierungskreisen. Ankara wusste von dem Treffen in Antalya, hielt sich nach eigenen Angaben aber aus dem Verlauf der Beratungen heraus.

Beim Treffen der „Freunde Syriens“ – einer Gruppe von westlichen und arabischen Staaten, die den Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al Assad anstreben – eine möglichst geeinte Front zu präsentieren, ist für die zivilen und militärischen Gegner Assads von höchster Bedeutung. Die USA, Europa und wichtige Akteure aus der islamischen Welt wie die Türkei, Katar und Saudi-Arabien hatten in den vergangenen Monaten häufig die inneren Zerwürfnisse bei den Regierungsgegnern beklagt. Der Dauerstreit hatte unter anderem zur Folge, dass groß angelegte Waffenlieferungen aus dem Westen an die Rebellen unterblieben.

Das soll jetzt anders werden. „Bisher gab es kein richtiges Kommando, jeder kämpfte für sich allein“, sagte Mahmut Osman, ein syrischer Regierungsgegner in Istanbul. „Auch die Koordination zwischen den verschiedenen Landesteilen funktionierte nicht“, sagte Osman. Das habe die internationale Gemeinschaft verwirrt. Nun werde es eine zentrale Kommandogewalt geben. Ob die USA jetzt ihre Unterstützung für die Rebellen in Zukunft auf das militärische Gebiet ausweiten werden, dürfte sich in den kommenden Wochen zeigen.

Hilfe könnte aber auch aus der Europäischen Union kommen. Am Montag beschlossen die EU-Außenminister eine politische Aufwertung des syrischen Oppositionsblocks. Dies sagte der deutsche Ressortchef Guido Westerwelle in Brüssel nach Beratungen der Minister mit dem Präsidenten der Koalition, Ahmed Muas al Chatib. Zuvor hatte bereits Großbritanniens Außenminister William Hague zu mehr Unterstützung für Assads Gegner aufgerufen.

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