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Spur der Verwüstung: Die Anschläge wurden mit zwei Autos verübt. Foto: dpa

© dpa

Politik: „Wie bei einem Erdbeben“

Selbstmordanschläge erschüttern Damaskus.

Damaskus - Die Vereinten Nationen haben Militärbeobachter nach Syrien geschickt, um eine Waffenruhe zu überwachen. Doch diese Waffenruhe erweist sich als Fata Morgana. Am Mittwoch wird der Leiter der UN-Beobachtermission in Daraa Augenzeuge eines Sprengstoffanschlags. Einen Tag später steht der norwegische Generalmajor Robert Mood in Damaskus in der Nähe eines Verhörzentrums vor ausgebrannten Autowracks. Darin sind die Überreste der von einer Bombe zerfetzten Fahrer zu erkennen. Bei den Selbstmordattentaten starben insgesamt mindestens 55 Menschen.

Die amtliche syrische Nachrichtenagentur SANA verbreitete am Donnerstag Fotos von blutüberströmten Leichen. „Das Haus wurde wie bei einem Erdbeben erschüttert“, sagte die Anwohnerin Maha Hidschasi. Augenzeugen zufolge explodierte die erste Bombe gegen 7.50 Uhr vor der Zentrale der Palästina-Abteilung des Geheimdienstes. Einer der Krater am Eingangstor des Militärgeländes war drei Meter tief und zehn Meter breit. Die Sprengsätze hätten zusammen über eine Tonne gewogen, erklärte das Innenministerium. Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand.

Mit der neuen Welle der Gewalt in Syrien werden die Beobachter, die selbst unbewaffnet sind, zu hilflosen Zeugen des Schreckens. Ermittler, die Aufschluss geben könnten, wer die beiden Bomben in unmittelbarer Nähe des berüchtigten Foltergefängnisses in Damaskus platziert hat, sind sie nicht.

„Die Vereinten Nationen haben noch nie unbewaffnete Militärbeobachter in ein Gebiet geschickt, in dem es so gefährlich ist wie in Syrien“, erklärt ein westlicher Diplomat. Selbst der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC), der ursprünglich einen UN-Einsatz zum Schutz der syrischen Zivilisten gefordert hatte, macht sich jetzt Sorgen um die Beobachter. Nach dem Vorfall in Daraa erklärte SNC-Sprecher George Sabra: „Der Nationalrat fordert den Schutz der Beobachter durch ein robustes internationales Mandat, damit sie nicht zu Geiseln des Regimes werden (das bislang für ihre Sicherheit verantwortlich ist).“

Das Regime von Präsident Baschar al-Assad stellt die jüngsten Explosionen als Werk islamistischer Terroristen dar. In einer regimenahen Publikation war nach der Explosion von Daraa zu lesen: „So antworten sie auf die Wahl: mit Explosionen und Mord.“ Am vergangenen Montag hatte in Syrien eine Parlamentswahl stattgefunden, die vom Regime als Meilenstein auf dem Weg zu mehr Demokratie gepriesen wurde. Die Protestbewegung boykottierte die Wahl. Die Opposition lehnt ihrerseits jede Verantwortung für den Bombenterror ab.

Hassan al-Aswad ist ein Anwalt aus der Stadt Daraa, der im vergangenen Jahr in die Türkei geflohen war, um seiner erneuten Festnahme zu entgehen. Er ist davon überzeugt, dass das Regime die Explosionen selbst inszeniert, um vor den Syrern und der internationalen Gemeinschaft den Eindruck zu erwecken, die Revolutionäre seien islamistische Terroristen.

Das klingt nach orientalischen Verschwörungstheorien. Doch auch ein syrischer Ex-Militär hält diese Version für wahrscheinlich. Er fragt: „Wie sollte es einem Terroristen gelingen, zu einem Ort vorzudringen, der so gut gesichert ist wie dieser Gefängniskomplex?“ dpa/dapd

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