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Ted Cruz versagte Präsidentschaftskandidat Donald Trump die Unterstützung.

© /Mike Segar/REUTERS

Wie gespalten sind die Republikaner?: Cruz tut Trump einen Gefallen - unbeabsichtigt

Mike Pence als Trumps Vize - das galt als langweilige Wahl. Beim Parteitag zahlt sie sich aus. Die Palastrevolution findet kaum Anhänger. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Mit der Einheit der Republikaner ist es nicht weit her. Ted Cruz, der in den Vorwahlen der letzte große Widersacher Donald Trumps war, bleibt dem Parteitag nicht fern - so wie das andere Trump-Gegner gemacht haben. Er kommt, redet und versucht eine Palastrevolution anzuzetteln: Cruz verweigert Trump das "Endorsement": die offizielle Unterstützungserklärung. Das ist die eine Seite der leicht tumultösen Entwicklung in der Nacht zu Donnerstag.

Cruz ist überrascht: Er erntet Buhs

Die andere: Cruz kommt damit nicht weit. Zu seinem sichtbaren Erstaunen erntet er zornige Buhs. Der Parteitag reagiert nicht gespalten, sondern ziemlich eindeutig. Insider berichten von einem anschließenden handgreiflichen Treffen mit Konservativen hinter verschlossenen Türen, die Cruz als Wahlkampfspender gewinnen möchte. Dort wurden Tätlichkeiten gegen Cruz angeblich nur verhindert, weil Republikaner einen empörten Parteifreund festhielten. Cruz' Frau Heidi musste von Ordnern aus der Parteitagsarena geleitet werden, weil Beleidigungen auf sie niederprasselten, als klar wurde, dass Cruz den erhofften Satz, dass er zur Wahl Trumps aufrufe, an diesem Abend nicht über die Lippen bringen wird.

Diese Dynamik belegt, dass Donald Trump richtig lag, als er sich vor einer knappen Woche für Mike Pence als seinen Vizekandidaten entschied. Der Gouverneur von Indiana - Selbstbeschreibung "Christ, konservativ, Republikaner, in dieser Reihenfolge" - zieht viele Delegierte und Wähler an, die in den Vorwahlen für Cruz gestimmt haben. Er ist die politische Kraft, die Trumps offene Flanke abdeckt: die Flanke zur religiösen Rechten und den Anhängern einer traditionellen Verfassungsauslegung.

Party Crasher sind nicht populär

Cruz zweite Fehlkalkulation: Party Crasher sind nicht populär, jedenfalls nicht auf einem Parteitag, der sich um Einheit bemüht oder zumindest um den äußeren Anschein von Einheit. Wer hier reden will, so die Erwartung der überwältigenden Mehrheit, muss sich das verdienen, indem er zur Wahl des Nominierten aufruft, also Trump. Niemand wird dazu gezwungen. Wer das nicht möchte, kann zuhause bleiben. So haben sich viele prominente Trump-Gegner entschieden: die Bushs, die Kandidaten von 2008 und 2012, John McCain und Mitt Romney, sowie namhafte Senatoren und Abgeordnete.

Und warum erliegt Cruz solchen Fehleinschätzungen? Er hat brennenden Ehrgeiz. Er lebt noch unter dem Eindruck der vielen Wahlkampfveranstaltungen, bei denen ihm Tausende zugejubelt hatten. Ende April, Anfang Mai gab es ja tatsächlich die Stimmung, dass der innerparteiliche Widerstand so groß sei, dass eine "Contested Convention" drohe: ein Parteitag mit Kampfabstimmung über den Spitzenkandidaten. Trump führte zwar in den Umfragen mit etwa 46 Prozent, kam aber nie über 50 Prozent. Wenn Cruz, der um 27 Prozent erzielte, die Anhänger aller weiteren Rivalen um sich gesammelt hätte, hätte es reichen können. Nur: Diese Zeit ist vorbei.

Der frühe Blick auf 2020

Und das Jahr 2020 ist noch zu weit voraus. 2020 ist der eigentliche Grund, warum Cruz nicht zuhause blieb und in Cleveland sprechen wollte. Er kalkuliert, dass Trump die Wahl 2016 krachend verliert. Er will in vier Jahren erneut antreten und sich hier in Erinnerung bringen.

Für den Moment jedoch hat Cruz Trump ungewollt einen Gefallen getan. Seine Mini-Revolte gegen die Anstandsregeln hat die Delegierten hinter dem "Ticket" Trump-Pence geeint.

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