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Partei-Mitglieder mit ihrem Chef Martin Sonneborn (4. v. l.)

© Gregor Fischer/dpa

Berliner Verwaltungsgericht: Wie Richter die Satire-"Partei" vor der Pleite retten

Der Bundestag wollte Geld vom "Geldhandel" zurück - und scheiterte vorerst. Das Recht der Parteifinanzierung begünstigt Tricks.

Wer am Ende lacht, wird sich zeigen. Doch zunächst darf sich die Satirepartei „Partei“ freuen. Das Berliner Verwaltungsgericht hat am Donnerstag ihren 2014 aufgezogenen „Geldhandel“ als zulässiges Finanzierungsmittel anerkannt. Andernfalls, so hatte es „Partei“-Chef Martin Sonneborn vor dem Urteil angekündigt, wäre die Partei pleite gewesen und hätte staatliche Hilfen beantragt: „Wir sind systemrelevant.“

Der Unernst hat einen ernsten Hintergrund. Die Bundestagsverwaltung fordert wegen eines falschen Rechenschaftsberichts rund 380 000 Euro zurück. Dort habe die Partei „Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit“ verbucht, die in Wahrheit keine gewesen seien. Dabei ging es um eine satirische Aktion zur Geldbeschaffung, die den von der AfD zeitweilig betriebenen Goldhandel persiflieren sollte. Wer 25, 55 oder 105 Euro an die Partei überwies, bekam einen 20-, 50- oder 100-Euro-Geldschein mit Motivpostkarten zugesandt. Die AfD machte auf ähnliche Weise Kasse, nur dass sie statt Geld echtes Gold an ihre Unterstützer verkaufte. Der Goldhandel war nach Ansicht von Parlamentspräsident Norbert Lammert (CDU) zulässig, der Geldhandel nicht.

Parteien sollen mit dem Volk verbunden sein

Dass sich solche Geschäftsideen für Parteien lohnen, liegt an einem derlei Winkelzüge begünstigenden Parteiengesetz. Die Regelungen sind komplex, weil sie die staatliche Teilfinanzierung und die von den Parteien selbst eingeworbenen oder erwirtschafteten Mittel nach Vorgaben des Verfassungsgerichts in Balance halten sollen. Der staatliche Zuschuss ist deshalb an zwei Faktoren gekoppelt. Es zählt der Erfolg bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen. Und der Anteil an Spenden und Beiträgen. Für jede Stimme legt der Staat 83 Cent, für jeden Spenden-Euro 45 Cent an öffentlicher Förderung drauf. Um staatliche Voll-Alimentation zu vermeiden, darf der Zuschuss jedoch nur so hoch sein wie die Summe, die eine Partei selbst an Einnahmen erwirtschaftet. Der verfassungsrechtliche Gedanke dahinter ist, dass Parteien dem Volk innig verbunden bleiben sollen, an dessen Willensbildung sie mitzuwirken beauftragt sind.

Das Parlament korrigierte das Gesetz

Kleine Parteien mit größeren oder großen Wahlerfolgen haben nun ein Problem. Sie erwirtschaften nicht genug, um aus den Töpfen herauszuholen, was ihnen nach der Stimmenzählung zustünde. So verfiel die AfD auf den Goldhandel, um die Einnahmen zu mehren. Die fragwürdigen Deals mit Gold und Geld veranlassten das Parlament dazu, die Vorschriften nachzubessern. Mittlerweile müssen Einnahmen und Ausgaben verrechnet werden, um die so genannte relative Obergrenze festzulegen. Die „Partei“, die aktuell 27 000 Mitglieder zählt und mit Sonneborn im Europaparlament vertreten ist, reklamiert die Korrektur als ihren politischen Erfolg.

Die Justiz hat das Geschäft noch nach altem Recht zu beurteilen. Und das, ist das Gericht überzeugt, gibt ein weites Verständnis für den Begriff der Einnahme her. Dabei verwiesen die Richter auch auf das Transparenzgebot für Parteifinanzen im Grundgesetz. Die Bundestagsverwaltung wollte dagegen einen handelsrechtlichen Ertragsbegriff zugrunde legen. Ihre Vertreter argumentierten in der mündlichen Verhandlung, dass der bloße Austausch von Geld, anders etwa als Devisenhandel oder der Verkauf von Edelmetall, kein klassisches Geschäft sei. „Partei“-Schatzmeister Norbert Gravius wandte dagegen ein, dass man mit jeder Sendung sieben Cent Gewinn erwirtschaftet habe.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig

Die unterlegene Bundestagsverwaltung hat nun die Wahl, vor das Oberverwaltungsgericht zu ziehen oder per Sprungrevision vor das Bundesverwaltungsgericht. Vielleicht lässt sie das Urteil auch rechtskräftig werden. Schließlich hatte man es unterlassen, die AfD zumindest versuchsweise zu belangen. Wiederholung droht keine. Zudem gestanden die Beamten, das Treiben der Satiriker „von Anfang an“ beobachtet zu haben. Ohne zu warnen.

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