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Politik: Wieder auf Sendung

Luc Jochimsen, gerade vom PDS-Parteitag aus Rostock zurück, ist voll des Lobes. Mit 66 Jahren will die Journalistin, bis vor einem Jahr Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks, PDS-Spitzenkandidatin in Hessen werden.

Von Matthias Meisner

Luc Jochimsen, gerade vom PDS-Parteitag aus Rostock zurück, ist voll des Lobes. Mit 66 Jahren will die Journalistin, bis vor einem Jahr Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks, PDS-Spitzenkandidatin in Hessen werden. An diesem Samstag muss sie sich in Frankfurt am Main dem Votum eines Landesparteitages stellen. Und Jochimsen freundet sich mit der PDS an. Als Neuling sei sie "sehr beeindruckt" von der "unglaublichen Ernsthaftigkeit", mit der die Delegierten das Wahlprogramm debattiert hätten.

Jochimsen, vor ihrer Tätigkeit als Chefredakteurin lange Jahre ARD-Korrespondentin in London, heute mit Wohnsitz in Venedig und Hamburg, macht sich auf eine Reise durch die PDS. Der stellvertretende Parteivorsitzende Diether Dehm hat gemeinsam mit Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch ihre Kandidatur eingefädelt. Erstmal freilich muss sie kämpfen: Gegen die parteilose Jochimsen tritt die 31-jährige Bundestagsabgeordnete Pia Maier an, sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Die Politikwissenschaftlerin ist seit 1995 Mitglied der PDS - und will sich verteidigen.

Im Vorfeld gehen die Emotionen hoch. Zwei Drittel der Vorstandsmitglieder der 550 Mitglieder starken Hessen-PDS haben sich für Jochimsen ausgesprochen, die anderen für Maier. Bartsch sagt, die PDS dürfe auf Kandidaten mit bundesweiter Ausstrahlung nicht verzichten. Derweil klagt Maier, die Hessen-PDS habe schon in der Vergangenheit stets Prominenz von außen aufgestellt - 1994 den Schriftsteller Gerhard Zwerenz, 1998 den alten Frankfurter Sozialdemokraten Fred Gebhardt, der damals Alterspräsident des Bundestages wurde. Jetzt dürfe sich die Landespartei mit dem Konzept der offenen Liste nicht weiterhin "selbst vernachlässigen".

Jochimsen freut sich auf den Wettstreit. Auf die Frage, woran sie glaube, antwortete sie einmal: "Dass man Gewalt, Betrug und Lüge bekämpfen muss." Gemeinsam mit Maier tourt die Fernsehjournalistin seit Tagen durch das Hessenland: Offenbach, Frankfurt, Kassel, Gelnhausen und Wetzlar. Selbst in Marburg, wo Maier ein paar Jahre Geschäftsführerin der Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung war, sammelte Jochimsen Punkte. "Gib niemals auf!", ihr Leitmotto, soll auch für ihre Bewerbung um die PDS-Kandidatur dienen.

Schon als Schülerin Lucretia Schleussinger glaubte sie, "eine ganz wunderbare engagierte Art von Empörung" zu haben. Hat sie jetzt Bauchschmerzen mit der PDS? Jochimsen zögert. "Mir bereitet Bauchschmerzen, dass die Annäherung zwischen Ost und West auch in der PDS nicht sonderlich auf Begeisterung stößt." Doch vor allem spricht sie davon, für die PDS ein Signal geben zu können: "Schaut mal her, auch im Westen gibt es eine PDS!" Klappt es mit der Wahl zur Bundestagsabgeordneten, will Jochimsen gern Medienpolitik machen oder für Minderheiten streiten. Wohnen würde sie nicht mehr nur in Hamburg und Venedig, sondern auch in Berlin und Frankfurt. Sie schmunzelt: "Das ist dann die berühmte europäische Vier-Zimmer-Wohnung."

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