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Politik: Wieder sprechen die Waffen

Nach neuen Gefechten zwischen Hamas und Fatah im Gazastreifen tritt der Innenminister frustriert zurück

„Es ist, als hätte es das Mekka-Abkommen nie gegeben.“ Mit diesen Worten hat der sichtlich frustrierte palästinensische Innenminister Hani al Kawasmi am Montag seine Rücktrittserklärung eingeleitet. Das mit viel Pomp im Februar unterzeichnete Abkommen zwischen der Hamas und der Fatah zur Bildung einer gemeinsamen Regierung sollte den mit Waffen ausgetragenen Machtkampf zwischen den beiden palästinensischen Fraktionen beenden. Spätestens seit Sonntag ist auch für die Weltöffentlichkeit deutlich, dass die Einigung eine Absichtserklärung war, aber sowohl der Fatah als auch der Hamas der Wille zur Umsetzung fehlt.

Bei Gefechten zwischen den Milizen beider Gruppen wurden innerhalb von 24 Stunden sechs Menschen getötet, mehr als 30 verletzt und mehrere Personen entführt. Ein angeblich von Ägypten vermittelter Waffenstillstand, der Sonntagabend in Kraft treten sollte, hatte keine Auswirkungen. Die neue Regierung hatte beim Amtsantritt am 17. März versprochen, die Gesetzlosigkeit im Gazastreifen zu beenden und die diversen Sicherheitsdienste unter Aufsicht des Innenministeriums zusammenzuführen.

Innenminister Kawasmi, ein unabhängiger Akademiker, auf den sich beide Fraktionen nach wochenlangen Verhandlungen einigen konnten, gibt beiden Seiten gleichermaßen die Schuld. Er sei zu der Erkenntnis gelangt, dass „die Sicherheitslage nicht ernsthaft behandelt“ werde, sagt er. Seine Pläne zum Aufbau eines einheitlichen Sicherheitsdienstes habe er nicht umsetzen können, weil er teilweise nicht einmal direkt mit den Verantwortlichen habe sprechen können, sondern nur mit Beratern. Er wolle nicht als „Dekoration“ für ein Amt ohne Vollmachten dienen. Angeblich soll er nicht über den Einsatz der Fatah nahe stehenden Sicherheitsdienste informiert worden sein, die Mittwochabend in den Straßen von Gaza Patrouillen aufgenommen hatten, was zu Protesten der Hamas führte.

Kawasmi hatte schon vor drei Wochen seinen Rücktritt eingereicht, damals hatte ihn Premierminister Ismael Hanija abgelehnt. Nach Angaben von Regierungssprechern könnte Hanija selbst nun das Amt des Innenministers mit übernehmen. Es wird schwierig sein, eine solche Lösung der Fatah schmackhaft zu machen. Zudem ist Hanijas Einfluss auf die eigene Bewegung begrenzt und damit ist nicht absehbar, dass diese Konstellation erfolgreicher sein wird.

Zwar hatte das Mekka-Abkommen nach monatelangen Straßenkämpfen zu oberflächlicher Ruhe in Gaza geführt. Doch das Problem war von Anfang an, dass in dem Abkommen die wichtigsten Streitfragen zwischen den verfeindeten Gruppen ausgeklammert waren. Darunter ein genauer Plan zur Auflösung der Milizen und die Bildung einheitlicher Sicherheitsdienste. Auch die grundsätzliche Frage, wie und unter welchen Bedingungen die Hamas in die PLO aufgenommen werden könnte, die international anerkannte politische Vertretung der Palästinenser, wurde auf später vertagt. Das Abkommen war unter starkem internationalen und vor allem saudischen Druck zustande gekommen, um den Straßenkämpfen ein Ende zu setzen.

Der saudische König Abdullah, der sein Land zur neuen politischen Regionalmacht aufgebaut hat, machte seinen Einfluss geltend und steht nun auch blamiert da. Es ist nicht zu erwarten, dass der Monarch seine Reputation durch erneute Einmischung in den internen Palästinenserkonflikt beschädigen lassen wird. Mit ihrer Unnachgiebigkeit sind die palästinensischen Fraktionen dabei, auch das Wohlwollen der arabischen Staaten zu verspielen. Wie hoffnungslos die Lage ist, brachte der frühere palästinensische Unterhändler Sajeb Erekat zum Ausdruck. Er „schäme“ sich als Palästinenser angesichts der Fortsetzung dieses „Chaos“, sagte er der BBC.

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