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Wiederaufbau: Was plant die internationale Gemeinschaft für Afghanistan?

68 Delegationen beraten am Donnerstag in London über die Zukunft Afghanistans. Welche Pläne haben Deutschlands Partner für den Wiederaufbau?

Seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 ist die internationale Gemeinschaft auf vielfältige Weise in Afghanistan präsent. Die UN koordinieren die internationale Hilfe und beraten beim Staatsaufbau, die Nato führt einen Militäreinsatz, an dem sich derzeit 43 Staaten beteiligen. Einzelne Staaten haben eine Art Patenschaft für besonders wichtige Projekte wie Drogenbekämpfung oder den Aufbau der Armee übernommen. Besonders die größten Truppensteller, die USA, Großbritannien und Kanada nehmen – mehr oder weniger offen – direkt Einfluss auf die Politik der Regierung in Kabul. In London kommen all diese Akteure und auch die Nachbarstaaten Afghanistans zusammen, um mit der Regierung von Präsident Hamid Karsai über die künftige Strategie des internationalen Engagements zu sprechen.

Washington will dem zivilen Wiederaufbau mehr Gewicht geben, hat aber auch beschlossen, 30 000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, um das Land endlich zu befrieden. Präsident Barack Obama erwartet von seinen Verbündeten nun ebenfalls neue Zusagen. Da in den meisten westlichen Staaten die Zustimmung zum Afghanistaneinsatz schwindet, soll in London aber auch eine langfristige Ausstiegsperspektive mit den Afghanen vereinbart werden. Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta brachte vor der Konferenz das Datum 2015 ins Spiel. Die Truppensteller sind sich mit Kabul einig, dass dazu die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte in den kommenden Jahren massiv vorangetrieben werden muss. Am Donnerstag werden sie beraten, wie sie die Sache angehen wollen.

Da Termin und Ort der Konferenz erst Ende November 2009 feststanden, blieb den Briten als Ausrichter nicht viel Zeit, eine konkrete Agenda für die Konferenz auszuarbeiten. Letztlich konnten zwei konkrete Initiativen auf den Weg gebracht werden, die die afghanische Eigenverantwortung in den Mittelpunkt rücken und der internationalen Gemeinschaft als Grundlage für die weitere Hilfe dienen kann: Afghanistans Präsident Hamid Karsai kündigte an, eine Antikorruptionsbehörde einzurichten und schlug unmittelbar vor dem Zusammentreffen in London auch noch ein Reintegrationsprogramm für ausstiegswillige Taliban vor.

Druck aus dem Westen, namentlich den USA und Großbritannien, dürften seine Marschrichtung nachhaltig befördert haben. Denn nachdem Karsai Ende vergangenen Jahres trotz massiver Wahlmanipulationen im Amt bestätigt worden war, stand fest: Ohne ein klares Bekenntnis Karsais, mit dem Kampf gegen die weit verbreitete Korruption endlich Ernst zu machen, hätten die westlichen Regierungen ihren Steuerzahlern eine weitere Unterstützung kaum vermitteln können. Denn ohne einen effektiven und handlungsfähigen Staat kann der Wiederaufbau Afghanistans nicht gelingen – egal, wie viel Geld hineingepumpt wird.

Ohne Verhandlungen mit den Taliban und eine Reintegration ihrer Kämpfer, auch diese Erkenntnis hat sich im Westen durchgesetzt, werden die Afghanen allerdings keinen Frieden und der internationale Truppeneinsatz kein Ende finden. Deshalb soll in London ein Fonds beschlossen werden, in den in den kommenden fünf Jahren rund 500 Millionen Dollar für Reintegrationsprojekte fließen sollen. Die afghanische Regierung, die unter saudischer Vermittlung längst einen Gesprächsfaden zu Talibanführern geknüpft hat, wird den Fonds verwalten. Das Geld solle aber nicht dazu dienen, „Zusatzeinkommen für ausgediente Taliban zu schaffen“, wie Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte. Vielmehr gehe es darum, ehemaligen Kämpfern eine Berufsausbildung zu finanzieren und ihre Heimatdörfer insgesamt zu fördern. Kritiker warnen dennoch vor einer neuen Korruptionsfalle, zumal noch völlig ungeklärt ist, ob und wie Kabul Rechenschaft über die Verwendung der Mittel ablegen muss.

Einiges bleibt also noch zu klären, wenn am Donnerstag insgesamt 68 Delegationen in Lancaster House in London zusammenkommen. Die meisten Staaten werden durch ihre Außenminister vertreten, Afghanistan von Präsident Karsai. Doch nicht erst seit den Betrugsvorwürfen bei der Präsidentenwahl hat sein Ansehen gelitten. Künftig werde es eine härtere Gangart gegenüber Kabul geben, hieß es am Dienstag aus Kreisen der schwarz-gelben Regierungskoalition.

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