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Wikileaks-Enthüllungen: Partynächte im strengen Saudi-Arabien

Die arabische Oberschicht lebt offenbar offener und liberaler als sie sich nach außen gibt. Das geht aus aktuellen Veröffentlichungen der Enthüllungsplattform Wikileaks hervor.

Das neueste Opfer der Wikileaks-Enthüllungen ist die Doppelmoral in Saudi-Arabien: In dem wahhabitischen Königreich, das offiziell einer besonders strengen Islam-Auslegung folgt, wird hinter geschlossenen Palasttüren Alkohol getrunken, gefeiert und selbst Prostituierte finden sich. Dies geht aus den Aufzeichnungen des US-Konsulates in der Hafenstadt Jeddah hervor, die die Internetplattform am Mittwoch veröffentlichte. Ein US-Diplomat, der die „sozialen Interaktionen“ der Jugend der arabischen Oberschicht beobachten sollte, beschreibt darin die Halloween-Party eines Prinzen in der Stadt am Roten Meer, die deutlich offener und liberaler ist als die erzkonservative Hauptstadt Riadh.

„Das Nachtleben im Untergrund floriert“, schreibt der Diplomat. Die Elite in der Hafenstadt brauche praktisch auf nichts zu verzichten. „Die volle Bandbreite weltlicher Laster ist verfügbar: Alkohol, Drogen, Sex – aber alles hinter verschlossenen Türen.“ Alkohol ist in Saudi-Arabien offiziell verboten und wird auf dem Schwarzmarkt teuer gehandelt. Von Anstandsüberwachern keine Spur, denn „die Religions-Polizei hält sich fern, wenn solche Partys mit Mitgliedern der königlichen Familie stattfinden oder von ihnen ausgerichtet werden“, heißt es laut Wikileaks.

Allerdings gibt es in Saudi-Arabien Tausende von Prinzen – insgesamt werden die Angehörigen der Herrscherfamilie auf etwa 10 000 geschätzt. Der Name des Prinzen, der zu dem ausschweifenden Fest in Jeddah geladen hatte, war in dem Wikileaks-Dokument geschwärzt. Es sei keiner der potenziellen Thronfolger gewesen, schreibt der Autor. „Unter der Oberfläche genießt die Jugend in Saudi-Arabien relativ viele Freiheiten, auch was die Sexualität anbelangt“, so das abschließende Urteil des US-Diplomaten.

Es ist allgemein bekannt, dass Mitglieder der Herrscherfamilie, die von ihrer Apanage fürstlich leben können ohne je arbeiten zu müssen, einen ausschweifenden Lebensstil haben. In den unerträglich heißen Sommermonaten ist das in Genf oder London zu beobachten. Die weniger wohlhabenden Saudis zieht es nach Beirut oder Kairo, wo nicht wenige sich beim Bauchtanz vergnügen und Sex mit Prostituierten kaufen.

Innerhalb Saudi-Arabiens ist Jeddah im Vergleich zur Hauptstadt Riadh bereits ein Mekka liberalen Lebensstils. Die Hafenstadt ist das Einfallstor für die Pilger aus aller Welt und seit jeher mit der Außenwelt verbunden. An der Corniche sieht man joggende Frauen, die über der Sportkleidung nur ein kürzeres Mäntelchen tragen. Das Kopftuch lässt schon mal die Haare frei. In der südlichen Asir-Region des Landes dürfen Frauen auf dem Land teilweise sogar Autofahren. Aber selbst in Riadh bandeln junge Leute in Einkaufszentren an oder tauschen Telefonnummern an Ampeln aus, um sich dann insgeheim zu treffen.

Die Ausschweifungen von Mitgliedern der Herrscherfamilie sind einer der Gründe, warum Osama bin Laden den al Sauds den Krieg erklärt hat. Er wirft der Familie vor, sich mit ihrem Lebensstil und ihrer Politik vom Islam abwendet zu haben. Jeder aufrechte Muslim habe daher die Pflicht, dieses Regime zu stürzen.

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